Leben braucht Vorbilder
12. Sonntag nach Trinitatis
Pfarrer i. R. Sven Dreiser, Rieden
Haben Sie ein Vorbild für Ihr Leben, Lieben und Arbeiten? Vielleicht einen Sportler? Einen Freund? Eine Schriftstellerin? Für viele ist Mahatma Gandhi ein Vorbild, weil auch wir von einer gewaltfreien und friedlichen Welt träumen und uns dafür mit unseren Möglichkeiten engagieren.
Für mich ist mein Opa Josef ein Vorbild. Er war vielseitig kreativ begabt. Hat gezeichnet und geschrieben und damit das Leben seiner Mitmenschen bereichert. Auch mit seiner liebevollen und empathischen Art. Ich habe ihn leider nie kennengelernt, aber ich fühle mich mit ihm sehr verbunden.
Auch für unseren Glauben brauchen wir Vorbilder. Das können Personen aus der Bibel sein, Maria zum Beispiel oder einer der Propheten. Oder Christenmenschen, von denen wir gelesen haben oder denen wir sogar begegnet sind.
Vorbilder ermutigen uns zu einem Leben außerhalb unserer eigenen Komfortzone. Sie laden uns ein, unser Leben – auch unseren Glauben – ganz bewusst zu leben und zu gestalten. Und uns jeden Tag für das Gute zu entscheiden.
Ich bin schon eine ganze Weile mit besonderen Vorbildern unterwegs: den Wüstenvätern und -müttern aus der Anfangszeit der Kirche. Und auch mit den geistlichen Lehrern Augustinus, Benedikt und Bernhard von Clairvaux. Alles fromme Menschen aus unserer gemeinsamen christlichen Tradition. Von ihrer Weisheit lerne ich, wie ich auch in meinem Alltag ein geistliches Leben mit Meditation und Stille, Lesen und Hören auf Gott gestalten kann. Ohne den Blick auf die Welt und die Menschen um mich herum zu verlieren.
Im Gegenteil: So vieles, was ich sehe und höre, kann ich mit ins Gebet nehmen. Am frühen Morgen. Mittags beim Glockenläuten. Abends zum Ausklang des Tages. Manchmal 10 Minuten und manchmal auch etwas länger.
Das ist keine verstaubte Frömmigkeit, sondern moderne Weisheit, die ich von meinen Vorbildern gelernt habe.
