Zum Schulbeginn

Von Schulpfarrerin Ruth Stein, Koblenz

Von Schulpfarrerin Ruth Stein, Koblenz

Eine Mutter zerrt ihr widerstrebendes Kind am Arm in die Schule. Der vielleicht sechs oder sieben Jahre alte Junge hält einen sogenannten Buchbeutel in der Hand, das macht die Szene auf einem Fenster der Esslinger Frauenkirche eindeutig. Das gleiche Thema zeigt eine Zeichnung aus einem alten Schweizer Liederbuch, nur dass der Junge hier eine Schreibtafel hält und die Mutter mit erhobenem Zeigefinger auf ihn einspricht. Was sie sagt, kann man sich denken: „Jetzt ist Schluss mit Spiel und Spaß, du gehst in die Schule, nun fängt der Ernst des Lebens an, Stillsitzen und Lernen ist ab jetzt angesagt!“

Die beiden Abbildungen stammen aus dem 14. Jahrhundert und wer schon mal über das Schulwesen des ausgehenden Mittelalters mit seinen harten Strafen und drakonischen Methoden gehört hat, kann sich gut in den widerstrebenden kleinen Jungen hineindenken.

Das Besondere an diesen Szenen ist aber, dass es Jesus ist, der hier von Maria mit mehr oder weniger Gewalt in die Schule gebracht wird. Zu allen Zeiten sind die Geschichten von Jesus aktualisiert und im Gewand der jeweiligen Zeit dargestellt worden. Schule im 14. Jahrhundert war eben völlig anders als heute. Heute freuen sich die meisten Kinder darauf und sind stolz, endlich in die Schule zu gehen.

Aber einen Aspekt dieser mittelalterlichen Darstellungen halte ich auch heute für bemerkenswert: dass Jesus zwar Gottes Sohn, aber auch ganz und gar Mensch war. So sehr Mensch, dass man sich ihn als kleinen Jungen vorstellen kann, der nicht in die Schule will. Dass aber eben auch Jesus in die Schule gegangen ist, dass Lernen zu seiner Entwicklung dazugehörte wie zu der jedes anderen Menschen. Dass er dort Lesen und Schreiben lernte, sich in einer Gemeinschaft Zurechtfinden, mit Konflikten umgehen, andere Meinungen respektieren und wofür Schule noch alles gut ist.

Die Abbildungen haben damals Kindern vermitteln sollen: Wie Jesus schaffst du das auch mit der Schule! Und heute setzen wir dazu: und wirst dabei hoffentlich viel Freude haben!

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