Wochenende mit Regenbögen
Von Schulpfarrerin Stefanie Martin
Regenbogenflaggen überall. Und zum Wochenende hin wird es verlässlich noch mehr werden. In Koblenz wird der Christopher Street Day gefeiert. Eigentlich wäre der letzte Samstag im Juni der „richtige“ Termin. Denn, was heute eher unter dem Stichwort „Pride“ läuft, hat einen historischen Ursprung und eine politische Dimension. Das ist vielen, die am Wochenende in der Stadt ausgelassen feiern, gar nicht richtig bewusst. Ebensowenig denen, die sich davon genervt zeigen.
Am 28. Juni 1969 taten sich erstmals Gäste der Schwulenbar „Stonewall Inn“ in New York zusammen, um Widerstand zu leisten gegen die regelmäßigen, gewaltsamen Übergriffe der Polizei. Statt sich wie sonst möglichst unsichtbar und klein zu machen und sich verprügeln zu lassen, machten die Männer und Frauen in der Bar den Rücken gerade und wehrten sich gegen die Übergriffe. Seitdem steht das Andenken an die „Stonewall Riots“ weltweit für Emanzipation der Schwulen und Lesben. Es entstand eine Bürgerrechtsbewegung, die Akzeptanz und Respekt für sich einfordert. Die gesehen werden will, um nicht länger aus dem öffentlichen Bewusstsein zu verschwinden und übersehen zu werden.
„Du bist ein Gott, der mich sieht.“ Ist ein Lied, das sich an die Jahreslosung vom letzten Jahr anlehnt. Es zitiert eine Zeile aus dem Gebet einer verstoßenen Sklavin. Gesehen zu werden ist wichtig. Es macht einen zu einem Individuum und gibt einem Bedeutung und Hoffnung. Keiner sollte um Gottes Willen systematisch übersehen werden.
Nicht überall steht man dem Christopher Street Day mit offenen Armen gegenüber. Und auch bei uns ist längst nicht alles eitel Sonnenschein. Eine ehemalige Schülerin erwähnte einmal im Gespräch: ich möchte doch nur nicht angegangen, bedroht oder angegriffen werden. Das ist doch nicht zuviel verlangt. Recht hat sie!
