Advent anders

Von Pfarrerin Vera Rudolph
Evangelische Kirchengemeinde Koblenz-Lützel/ Neuendorf

Ich freue mich schon auf den Advent. Die Tage werden kürzer, das bunte Herbstlaub weicht winterlichem Schwarz-Grau, es wird trister und dunkler draußen. Advent dagegen bedeutet Kerzenlicht und Lebkuchenduft, Plätzchenbacken und Weihnachtsvorbereitungen. Ich freue mich schon auf den Advent.

Ob Corona auch diese Zeit verändern wird? Ganz sicher wird es das. Doch das muss ja nicht unweigerlich schlecht sein. Was haben wir in den Kirchen – und nicht nur dort - uns immer wieder aufgeregt über hektischen Konsum, unfreundliches Geschiebe vor den Kassen und ausufernde Betriebsfeiern, über Lichtgepränge und Weihnachtsgebäck in den Läden seit September.

Dieses Jahr wird es wohl nicht so sein: Unsere Kontakte und Bewegungsmöglichkeiten sind eingeschränkt, sämtliche Weihnachtsfeiern und -märkte abgesagt. Wir bleiben also zuhause. Etwas anderes bleibt uns ja nicht übrig – und das ist eigentlich gar nicht so schlecht. Jetzt haben wir wirklich eine reelle Chance zur Besinnlichkeit. Was könnten wir tun, so eingesperrt in die eigenen vier Wände? Alte Fotos angucken und erzählen: „Weißt du noch?“; neue Fotobücher gestalten (und an Weihnachten verschenken); einen Brief mit der Hand schreiben; alle Kleider im Schrank anprobieren und eine Modenschau machen; einen Tag lang die Kinder bestimmen lassen (gut, es reicht vielleicht auch ein Nachmittag); sich freuen, dass man auf einmal so viele Ideen hat, die man noch nie hatte, und dass es sowieso zu ungemütlich ist, um rauszugehen. Wir können einander die besten Plätzchenrezepte schicken und sie zeitgleich ausprobieren oder mit einer Thermoskanne Glühwein einen Waldspaziergang machen. Oder wir recherchieren, welche Kirchen im Advent geöffnet sind, betrachten dort liebevoll aufgebaute Krippenlandschaften und genießen einfach die Stille. Ich freue mich schon auf den Advent.

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