Wem jubeln wir eigentlich zu?

Gemeindereferent Hendrik Dreis
FeG Koblenz
Am Deutschen Eck in Koblenz steht Kaiser Wilhelm – Hoch auf den Schlachtross, ein Bild der Macht. Solche Szenen mit jubelndem Volk kannte er sicher gut. Palmsonntag erinnert an eine ähnliche Szene, aber nur auf den ersten Blick.
Jesus zieht auf einem Esel in Jerusalem ein, bejubelt von der Menge – nur eine Woche vor seinem Tod. Wer war er für diese Menschen? Ein Mitläufer-Magnet? Oder der erhoffte Befreier, der die Römer vertreibt und alles ändert? Nicht mal eine Woche später schreien viele die „Hosianna“ riefen schon „Kreuzigt ihn!“.
Palmsonntag fragt uns: Worauf hoffen wir? Welche unserer Erwartungen wurden enttäuscht? Wo müssen wir vielleicht umdenken, auch wenn es schwerfällt? Wo haben wir „aufs falsche Pferd“ gesetzt?
Jesus erfüllt die Erwartungen nicht. Keine Machtdemonstration, kein Strafgericht. Sein Weg ist anders: gewaltlos, liebevoll, selbst im Leid – bis in den Tod.
„Ein schwacher Gott!“, denken manche bis heute.
Doch genau seine Liebe, die Hass überwindet, macht ihn zum Hoffnungszeichen – gerade heute, wo der Ton oft rau ist und Hass viele zu Opfern macht. Weil Jesus selbst zum Opfer wurde, kennt er ihr Leid und steht an ihrer Seite. Von ihm kommt die Kraft, nicht mit Hass zu antworten, sondern in Liebe standzuhalten. Das ist keine Schwäche! Diese Liebe bewahrt die Würde und ist stärker als jeder Hass. Sie entzieht Tätern die Macht der Angst und zeigt wahre Stärke. Nur so kann der Teufelskreis von Gewalt und Hass durchbrochen werden.
Ich finde, dem Mann auf dem Esel kann darum ganz gut zujubeln – und mit ihm jedem, der solche Liebe lebt.