Was nicht im Zeugnis steht

Pfarrerin Stefanie Martin

Von Pfarrerin Stefanie Martin
Julius-Wegeler-Schule, Koblenz

Am Freitag gab es Zeugnisse. Die meisten Schülerinnen und Schüler konnten dem ganz gelassen entgegensehen. Aber leider längst nicht alle. Viele hatten Bauchschmerzen, weil das Zeugnis nicht so aussieht, wie die Schüler es sich selbst gewünscht haben, oder die Eltern es vom Kind erwarteten.

Dabei sollten wir uns hüten, von einem Zeugnis der Schule gleich auf die Chancen der jungen Menschen im Leben zu schließen. Wissen ist zwar notwendig und wichtig, aber Wissen allein ist zum Menschsein zu wenig. Vergleicht man die Entwicklung eines Menschen mit der eines Baumes, so stellt man fest, dass es bei jedem Wachstum auch Wachstumspausen und Rückschläge gibt. Und genauso kann auf einmal, ganz unerwartet, ein Wachstums- und Reifeschub einsetzen, der uns in Erstaunen setzt. Wir haben die Entwicklung eines Menschen eben nicht in der Hand. Das kann vielleicht ein wenig tröstend sein für die, die mit ihrem Zeugnis nicht zufrieden sind.

„Ihr seid von Gott geliebt, seid seine auserwählten Heiligen“. Das hat der Apostel Paulus vor fast 2000 Jahren Menschen geschrieben, die an sich selbst und ihrer Zukunft zweifelten. Entgegen dem, was sie tagtäglich erlebten, erinnerte Paulus sie an eine andere Wirklichkeit. Gottes Liebe, Gottes Tun an uns geht allen menschlichen Anstrengungen voraus. Diese Zusage gilt nach wie vor jedem, der sich ansprechen lässt. Wir sind und bleiben liebenswert, trotz aller Fehler und Schwächen. Schlechte Noten können uns diesen Wert nicht rauben. Deshalb muss keiner verzweifeln, und hätte er noch so ein schlechtes Zeugnis bekommen. Weder Schüler noch Eltern.

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