Was lehrt uns die Grabeskirche?
Von Rolf Stahl
Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Koblenz
Die Grabeskirche in der Jerusalemer Altstadt ist ein wichtiger Ort der Christenheit. In der Karwoche und an Ostern wird er von vielen besucht. Die Anfänge des Bauwerks reichen weit zurück. In den Wirren der Geschichte wurde es mehrfach zerstört und wieder aufgebaut. Die Besitzverhältnisse sind kompliziert. Sechs Kirchen verschiedener Sprache und Konfession haben Nutzungsrechte. Das ist nicht immer einfach. Fast alle Jahre wieder kommt es deshalb zu Handgreiflichkeiten. Wenn viele gleichzeitig am selben Platz auf eigene Weise feiern, ist man sich schnell im Weg. Der Raum der Grabeskirche ist begrenzt. Man kann sich nicht einfach aus dem Weg gehen. Der besondere Ort der Begegnung wird daher regelmäßig zum Schauplatz von Auseinandersetzung und Selbstbehauptung.
Warum das Ganze? Vielleicht macht es etwas Wesentliches deutlich: Friedliches Miteinander fällt nicht vom Himmel. Es macht Arbeit und Mühe. Es geht nicht ohne die Bereitschaft, Konflikte zu lösen. Es funktioniert nur, wenn man miteinander weitermacht, auch wenn es weiterhin schwierig bleibt. Dafür ist die Grabeskirche ein lehrreiches Beispiel. Dazu gehören auch muslimische Familien. Seit langem verwalten sie den Schlüssel zur Kirche. Sie schließen sie morgens auf und abends ab. Sie tragen mit dazu bei, dass die Christen in der Grabeskirche ihr schwieriges Miteinander nicht aufgeben. Das ist ein starkes gemeinsames Zeugnis für den Frieden. Es passt zum Ort, mit dem wir Tod und Auferstehung Jesu Christi verbinden. Sein Evangelium spricht von Liebe und Versöhnung, von Frieden und Gerechtigkeit. Davon sollten wir uns leiten lassen, nicht nur in der Grabeskirche.
Gesegnete Kartage
und frohe Ostern, wünscht
Rolf Stahl
Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Koblenz