Was ist der Mensch?

Von Pfarrerin Nannette Fengler
Schulpfarrerin und Pfarrerin in der JVA Koblenz

„Was ist der Mensch?“ fragt der Autor des 8. Psalms. Für ihn ist die Antwort klar:  Der Mensch ist nur „wenig niedriger“ als Gott.  Der Mensch ist mit Vernunft begabt, er kann denken und planen. Nun aber hat der Mensch Konkurrenz bekommen, und zwar von seiner eigenen Schöpfung. Formen  von Künstlicher Intelligenz (KI) finden immer mehr Anwendung und machen dem Menschen im Bereich des Denkens Konkurrenz. Die App „Chat GPT“ ist in aller Munde und wird die Art der Aufgabenstellungen in Schule und Universität verändern, da sie kreativ neue Texte schreiben kann. Noch gibt es ein paar Anfangsprobleme (die App kann Fake und Wahrheit nicht unterscheiden- einige Menschen allerdings auch nicht), aber die KI wird fortlaufend weiterentwickelt werden. Es ist anzunehmen, dass die KI in vielen Bereichen den Menschen übertreffen wird. Was bleibt dem Menschen noch  wenn die KI schneller denken  und viel mehr Fakten berücksichtigen kann ?  Bei dieser Frage musste ich an das Buch „Do androids dream of electric sheep?“ von Philip K. Dick (von 1968!) denken, bekannter unter „Blade Runner“. In dem Buch muss ein Polizist auf der Erde der Zukunft Androiden jagen.  Die Androiden sind nur sehr schwer von echten Menschen zu unterscheiden. Sie denken wie Menschen, sehen aus wie Menschen, verhalten sich wie Menschen. Es gibt nur eine Methode der Unterscheidung: Den Empathie -Test. Die Androiden kennen keine Empathie , sie haben kein Mitleid, weder mit Menschen noch mit anderen Lebewesen. Und ich glaube, das ist auch real etwas, was uns von der KI trennt: Wir Menschen können uns in andere Menschen einfühlen. Wir leiden mit den leidenden Menschen in der Ukraine. Wir bangen  mit der Familie eines Kindes, das nach vielen Tagen noch aus den Trümmern eines Hauses im Erdbebengebiet gerettet werden konnte. Das Mitleid, das Mitempfinden mit anderen Menschen, ist das Wesen des Menschseins, das keine KI leisten kann. Darum erzählt Jesus dem Schriftgelehrten das Beispiel des barmherzigen Samariters als Kern der Gebote Gottes: Habe Mitleid, hilf dem, der es braucht. Denn das macht uns zu wahren Menschen.

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