War früher alles besser?

Pfarrer i. R. Rainer Bärwaldt
Evangelischer Kirchenkreis Koblenz

Den Eindruck könnte man haben, wenn man dieser Tage die Nachrichten verfolgt. Terror aller Orten, neuer kalter Krieg, Naturkatastrophen, zynische Populisten, Radikalisierung vieler, riesige Jugendarbeitslosigkeit in Europa, schamlose Betrügereien, Ausbeutung von Natur, Tieren und Menschen, Krieg und Flucht und so vieles mehr.

Da entsteht in vielen Ratlosigkeit, Sorge, Angst. Der Ruf nach einfachen Lösungen, kurzem Prozess und starken Politikern ertönt immer lauter. "Das hätte es früher unter xy nicht gegeben!" heißt es dann.  "Wo sind wir bloß hingekommen?"

Und je weniger Zukunft vom Lebensalter her gesehen eine(r) noch hat, umso mehr wird die Vergangenheit verklärt. Man will zurück in alte -angeblich bewährte- Lebensmuster. Neuer Nationalismus wabert durch Europas Politik. Dabei zeigt sich dann angesichts globaler Herausforderungen Unverständnis, Unvermögen, wenn nicht gar Unwillen zu konstruktiven Lösungsansätzen.

Woher kommt der Gedanke, dass früher alles besser war? Nicht einfach dadurch, dass man nicht Zeitgenosse damaliger Probleme war? Wenn man nicht direkt betroffen ist, lässt sich halt alles besser ertragen. Möchten Sie eine Zahnbehandlung von vor 100 Jahren haben? In einen Weltkrieg ziehen?

Ich möchte alt werden nicht mit einer trügerischen Verklärung der Vergangenheit. Ich möchte alt werden mit Hoffnung im Herzen und Hirn. Der Acker der Zukunft wird nicht mit Nostalgie bestellt.

"Wer die Hand an den Pflug legt und schaut zurück, taugt nicht für das Reich Gottes " sagte Jesus einmal. Der Gott, dem er vertraut ist in besonderer Weise Zukunft eigen.  Sagte er doch schon zu Moses: "Ich werde sein, der ich sein werde" oder "Ich werde dasein-für Dich."