Vorfreude wagen

Von Pfarrerin Carmen Tomaszewski, Ökumenische TelefonSeelsorge Mittelrhein

Von Pfarrerin Carmen Tomaszewski,
Ökumenische TelefonSeelsorge Mittelrhein

Wir haben es schon wieder getan. Obwohl es vorvoriges Mal schief gegangen ist und letztes Mal eine Zitterpartie war. Wir haben uns für nächstes Jahr ein Urlaubsziel rausgesucht. Einen Zeitraum. Und gebucht haben wir – ok, Storno ist möglich.

Denn wir haben gemerkt, in den wieder mächtig unsicheren Tagen, wo so wenig klar ist, brauchen wir das einfach. Etwas, auf das wir uns vorfreuen können. Bilder von einem Ferienhaus, Träume vom Meer.

Wir brauchen ein Sehnsuchts-Ziel, das uns durch die grauen Wintertage bringt, ein Bild im Kopf, das uns hilft, nicht unterzugehen in Zeiten, in denen uns die Arbeit auf den Keks geht. Wir ziehen Kraft aus einem imaginierten BALD, um das JETZT und seine Herausforderungen besser zu meistern.

Es hilft nicht immer. Und ich kenn auch die Bedenkenträger, die sagen, was ist, wenn es gar nicht so kommt? Dann hast Du Dich ganz umsonst gefreut. Die Enttäuschung ist umso größer.

Und ich entgegne: ja, vielleicht. Aber ich weiß doch nie, ob es so kommt, wie ich es mir vorstelle. Ich könnte ja auch morgen vom Bus überfahren werden. Krank werden. Meine Ehe vor die Wand fahren. Doch die Tage, in denen mir die Vorfreude bis dahin geholfen hat, nimmt mir keiner mehr weg. Die Tagträume von einem Strand am Meer, die im Februar das Wintergrau erträglicher gemacht haben. Auch die Zeit, als ich den Sprachführer hervorgekramt habe, um mein Italienisch aufzubürsten, war gut. In der Pizzeria um die Ecke freuen sich die Leute mit mir an neuen Vokabeln.

Am Ende jedes evangelischen Kirchentags wird eingeladen zum nächsten, endlose zwei Jahre in die Zukunft. Und dann kommt der Satz, der für mich auch für solches Vorausplanen gilt: „Wir sehen uns in XY, so Gott will und wir leben!“ So hoffe ich, übe mich im Vertrauen. Und schöpfe Lebenskraft aus meinen Träumen.

Zurück