Vorbildlich?

Burkhard Leh

Von Burkhard Leh
Pfarrer der Evangelischen Studentinnen- und Studentengemeinde Koblenz

Am Sonntag (26. Juli) werden sie in Paris eintreffen, gegen 19.10 Uhr, so der Zeitplan. Bei der Tour de France ist nämlich vieles geplant. Viele behaupten: Es wird auch unfair geplant. Denn ohne Doping kann man doch gar nicht so fahren, wie das zum Beispiel bei der 10.Etappe war, oder? „Das Gelbe Trikot fliegt den Berg hinauf“ titelten die Sportberichte. Ungute Erinnerungen wurden wach.  Sieben Mal hatte Lance Armstrong die Tour gewonnen, gedopt; lange hatte er das bestritten und schließlich doch zugegeben. Man muss vorsichtig sein, wenn man sich über so etwas ereifert. In einer Rückblende zur Fußball-WM des Jahres 1990 wurde die „Schwalbe“ von Rudi Völler aus dem Endspiel gegen Argentinien gezeigt; es gab Elfmeter, er wurde verwandelt und wir waren Weltmeister. Ich erinnere mich, dass ich beim Zuschauen dachte: Das geschieht den Argentiniern recht! Sie hatten ja 1986 das Endspiel nur erreicht, weil Maradona einen Ball mit der Hand, der „Hand Gottes“ ins Tor bugsierte. Ist es eigentlich so schwer zu verlieren oder nicht Erster, sondern nur Zweiter zu werden? Und kann man sich über Siege freuen, die so unredlich erreicht werden, die ja gar nicht die eigenen Siege sind, sondern gestohlene? Die fußballverrückten Italiener feierten 2012 einen Verlierer ganz besonders. Lazio Rom hatte 0:3 verloren, unter anderem deshalb, weil Miroslav Klose in der dritten Minute die Torentscheidung des Schiedsrichters korrigierte; sein Treffer sei mit seiner Hand erzielt worden, dürfe also nicht zählen. Klose schließt wohl die Rückkehr in die Nationalmannschaft; ich würde mich drüber freuen. Diese bescheidene Redlichkeit beeindruckt mich mehr als unfaire, gestohlene Siege; und ich finde sie vorbildlich, auch im guten christlichen Sinne.

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