Urlaub im Herbst

Von Alf Hopfgartner
Evangelischer Schulpfarrer, Koblenz

Urlaub! Ferien! Ohne den Leistungs- und Bewährungsdruck der Arbeit, endlich Zeit für Familie und Freunde, Zeit zum Träumen, Reisen in neue Horizonte (mit einem guten Buch oder in ein fernes Land). Wenn alles gut geht, fühlen wir uns wie neu geboren. Schade, dass diesen Herbst alles anders ist. Reisen wird durch Corana zum Risiko. Beherbergungsverbot, Risikoländer und Quarantäne.

Damit dies nicht so trostlos bleibt, möchte ich sagen, dass es (wenn Sie wollen) trotzdem jede Woche einen gelungenen Urlaub gibt - nämlich am Sonntag. Er ist der Tag der Auferstehung Jesu, jeder Sonntag ist also ein „kleines“ Osterfest. Darin liegt ein tieferer Sinn. Wie Jesus vom Tod auferstand, so schenkt Gott an diesem Tag alles, was uns reich und lebendig erhält. Zeit für uns selbst und unseren Nächsten, ein gutes Buch (Bibel) oder sogar eine Reise in neue Horizonte (Gottesdienst). Christen finden im Sonntag Korrekturen für ein sonst einseitiges Leben, welches sich im Wettbewerb um Leistung, Erfolg und Konsum verbrauchen könnte. Die Botschaft des Sonntages ist erholsam, tröstlich, menschlich. Wert und Sinn des Lebens ist nicht mit Erfolg, Wohlstand und Fitness identisch. Als von Gott wertgeschätzte Person darf ich mich und andere auch in Zeiten des Misserfolges, der Schwäche oder der Krise menschlich und wertschätzend annehmen. Zum anderen schenkt der Sonntag Zeit und Raum, Gott zu entdecken, sich ihm zu nähern und seine Nähe zu genießen. Neue Horizonte entstehen. Diese Nähe Gottes, ohne jede Maske, macht es uns leicht und völlig selbstverständlich, auch in Coronazeiten unseren Mitmenschen mit Abstand und Maske nahe zu sein. Kein Wunder also, dass sich viele Christen am Sonntag wie neu geboren fühlen. Fast wie ein Urlaub.

Sie sind nicht so „fromm“? Was können Sie dann mit dem Sonntag anfangen? Lassen Sie sich doch von seiner „menschlichen“ Seite inspirieren. Degradieren Sie ihn nicht zum Alltag. Werden sie freier und wenden sich dem zu, was Ihre Seele lebendig hält: Familie und Freunde, ein gutes Buch, etwas für die Gesundheit tun, die Gesundheit anderer ohne Coronarüpeleien achten, jemandem zur Seite stehn... Möglicherweise überzeugt Sie sogar diese menschliche und weltliche Seite des Sonntags und Sie werden neugierig auf seinen Ursprung: Gott, der uns wertschätzt. Ich wünsche Ihnen und Ihren Familien, gerade in dieser Zeit und am Ende der Herbstferien, einen gesegneten Sonntag. Wir haben ihn nötig!

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