Unsicherheitstoleranz

Von Pfarrerin Carmen Tomaszewski
Ev. Leitung der ÖkumenischenTelefonseelsorge Mittelrhein

„Wie machen wir das denn nächstes Jahr?“ „Was genau meinst Du?“ „Na alles: wann starten wir den nächsten Ausbildungskurs in der Telefonseelsorge, wann willst Du weg sein, wie terminieren wir die Supervisionsgruppen? Wir müssen Tagungsräume anfragen, weil es bei uns zu klein ist, wegen Corona und so… und wie geht das eigentlich mit der Adventsfeier?“ Der Kollege guckt mich fragend an. “Na ja, Ausbildungsgruppe sollte Anfang des Jahres starten… und der Rest… mmh. Lass uns in den Kalender gucken.“ Es ist wieder diese Zeit: Spätestens wenn Ende des Sommers die Weihnachtskekse in den Regalen auftauchen, geht auch das los: Planungen fürs nächste Jahr. Normalerweise. Ich bin es gewohnt, meine Zeit in Abschnitte zu zerteilen. Da ist Urlaub, da ist Arbeit, da ist Tante Ernas Geburtstag und am Wochenende von Rhein in Flammen laden wir uns Gäste ein. Vieles will ich gern planen, meinem Leben Struktur geben. Mir gibt das Sicherheit, nicht nur bei der Arbeit, sondern auch privat. Das Jahr hat so seinen Rhythmus. Und ich weiß schon vorher, worauf ich mich freue. In diesem Jahr ist das alles ein wenig anders. Klar, planen will und muss ich. Gleichzeitig haben die letzten Monate gezeigt, dass viele Pläne vom Leben überholt werden, oder, wie es in den Sprüchen der Bibel heißt: Das Menschenherz macht Pläne – ob sie ausgeführt werden, liegt beim Herrn. (Sprüche 16,9, Gute Nachricht Bibel)

Ich plane, schaue in die Zukunft und versuche, meinem Leben Sicherheit zu verleihen. Das ist gut und hilft dabei, sich in Raum und Zeit zurechtzufinden. Doch die Sicherheit ist immer nur geliehen und vorläufig. Ich weiß nicht, ob es so kommt, wie ich geplant habe. Ich weiß nicht, ob nicht morgen schon alles ganz anders ist, als ich es mir heute denke. Mit dieser Gleichzeitigkeit umzugehen, will ich weiter üben. Aushalten, dass vieles unsicher ist. Trotzdem weiter Pläne machen. Und vertrauen, dass es auf irgendeine Weise gut und richtig sein wird. Egal wie es wird. Das wünsch ich mir und Ihnen.

Zurück