Tausend Möglichkeiten

Alfried Hopfgartner

Von Alf Hopfgartner
Evangelischer Schulpfarrer am Gymnasium auf der Koblenzer Karthause

Ein überfüllter  Platz an Sylvester. Menschen feiern in Shanghai und schauen hoffnungsvoll in das neue Jahr. Als Werbung für ein Tanzlokal wird (täuschend echtes) Spielgeld in die Menge geworfen. Die einen greifen hastig danach, ein Sog entsteht und erfasst selbst die, welche von dem Geld gar nichts mitbekommen haben. Panik bricht aus, Menschen werden verletzt, Menschen sterben im Gedränge. Eine Geschichte, die hoffnungslos macht. Sind wir Menschen so? Im Kampf um einen guten Platz, im Streben nach Wohlstand? Ist das Leben so? Die einen gewinnen, die anderen bleiben am Boden?

„Wir haben nicht genug! Es reicht noch nicht einmal zum satt werden“, so beginnt eine andere Geschichte. Viele Menschen sind Jesus tagelang gefolgt, dicht gedrängt stehen sie vor ihm. Hunger macht sich breit. Was geschieht? Die etwas haben, behalten es nicht für sich. „Gebt ihr ihnen zu essen“, sagt Jesus. Von Jesus aufgefordert, wird alles zusammengelegt. Alle setzten sich, Jesus dankt Gott und lässt das Wenige an alle austeilen. So schreibt es Johannes (Kapitel 6). Es ist der Segen Gottes, der hier aus wenig viel macht, weil alle teilen. Es ist ein Wunder: Menschen helfen einander, keiner bleibt am Boden und alle werden satt!

In der Nähe Jesu verlieren die Menschen ihre Angst, zu kurz zu kommen. Von Gott gesegnet werden sie frei und freigiebig. Diese Wundergeschichte ist eine Geschichte der Hoffnung. Hoffnung auf Gottes Wirken. Hoffnung auf die Gottesebenbildlichkeit des Menschen. Hoffnung und Vertrauen in ein Leben, das mehr ist als ein Kampf um das Überleben. Hinter dieser Hoffnung steht das Reich Gottes. Darauf verweisen alle Wunder Jesu.

Und jetzt? Geschichten der Hoffnungslosigkeit werden wir auch dieses Jahr erleben. Aber sie erzählen nicht die ganze Wahrheit. „Macht euch nur von dieser Anschauung los, und tausend Möglichkeiten laden uns zu neuem Leben ein“, so schreibt der Dichter Chr. Morgenstern. Geschichten der Hoffnung, tausend Möglichkeiten. Wie die Geschichte vom Mindestlohn. Viele Menschen werden in diesem Jahr endlich in Würde arbeiten und verdienen können. Wie die Geschichte der Ehrenamtlichen in unseren Kirchen und Vereinen. Sie teilen ihre Gaben und Begabungen und machen unsere Gesellschaft lebenswert. Wie die Geschichte der großen kirchlichen und bürgerlichen Hilfswerke. Sie bekämpfen Armut, Hunger und Not weltweit. Dies alles macht das Leben reich, dies alles macht Mut und entdeckt das Gute und Schöne unseres Lebens. All dies erfreut auch Gott (Matthäus 25, 34ff).

Es warten tausend Möglichkeiten auf uns. „Alle wurden satt“, so heißt es bei Johannes. Ja, es ist möglich. Auch in diesem Jahr. Gott sei Dank!

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