Staatsbesuch

Margit Büttner

Vonn Pfarrerin Margit Büttner
Evangelisches Erwachsenenbildungswerk Rheinland-Süd e.V.
Außenstelle Koblenz

Eine meiner Kindheitserinnerungen geht zurück ins Jahr 1963. John F. Kennedy kam zum Staatsbesuch in die Bundesrepublik Deutschland, an einem Sonntag im Juni. Meine Eltern hatten Freunde in Porz – nicht weit vom Köln-Bonner Flughafen. Dort wurde der amerikanische Präsident erwartet. Und von dort würde er weiter nach Köln fahren. Das war doch ein Grund, wieder einmal ein Wochenende bei Krauses zu verbringen! An die Gespräche der Erwachsenen kann ich mich nicht erinnern, ich hätte sowieso nichts davon verstanden. Dass aber dieser Besuch aus Amerika etwas Besonderes war, das habe ich auch mit fünf Jahren schon gespürt. Und so standen wir am Vormittag mit vielen anderen Schaulustigen winkend und jubelnd am Straßenrand, als die Staatskarosse, begleitet von vielen „weißen Mäusen“ – Polizisten auf Motorrädern – den Präsidenten zu seinem bis heute legendären Besuch in Deutschland chauffierte.

Der Sonntag, mit dem die Adventszeit beginnt, steht im Zeichen eines angekündigten Staatsbesuches: „Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer“. So hat es einst der Prophet Sacharja gesagt, um seinem Volk in einer Krisensituation Hoffnung zu machen. Und so wird es bis heute immer am ersten Advent nachgesprochen. Man greift nach diesen alten Worten, weil sie einer Sehnsucht Ausdruck geben, die überzeitlich und weltumspannend ist.

Durchhalteparolen, aufmunternde Worte, Vertröstungen auf bessere Zeiten kennt die Welt nur zu gut. Zu oft blieben Versprechungen uneingelöst, Erwartungen unerfüllt, Hoffnungen enttäuscht.  Manchmal gehen Menschen daran zugrunde, sie resignieren, es ist wie ein inneres Sterben. Oder sie radikalisieren sich, werden gewalttätig und zerstören alles, was ihnen nicht passt.

Die Worte des Propheten wollen beides verhindern – die Resignation und die sinnlose Wut. Sie sprechen von einem König, dem die Sehnsucht der Bedürftigen und Leidenden nicht gleichgültig ist. Auf das Kommen dieses Königs, Gott, Christus, richten wir uns in der Adventszeit aus. Mit ihm kommt die Sehnsucht auf Staatsbesuch. Die Sehnsucht nach einem guten Miteinander, nach dem Ende der Konflikte, nach Hilfe in ausweglosen Situationen, nach Befreiung, Erlösung, Aufatmen. Wir sollten sie freundlich empfangen, denn sie ist eine große Kraft, aus der wir Lebensenergie schöpfen.

Vielleicht findet sich auch in Ihrer persönlichen Geschichte der Zipfel einer Erinnerung, wie lebendig sich das anfühlte, als die Sehnsucht sich zum Staatsbesuch einstellte.

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