Sieben Sterne
Von Pfarrerin Margit Büttner
Evangelisches Erwachsenenbildungswerk Rheinland-Süd e. V.
Außenstelle Koblenz
Sieben auffallend helle Sterne bilden am Nachthimmel den „Großen Wagen“, wohl das bekannteste aller Sternbilder. Die höchste Kategorie in der Hotelbewertung liegt offiziell bei fünf, nur Angeber protzen mit sieben Sternen. Dass sieben Sterne auch für Verfolgung und Bewahrung stehen können, habe ich vorige Woche in Italien gelernt.
Dort gibt es eine kleine evangelische Kirche, deren Name „Waldenser“ sich auf ihren Gründer Petrus Valdes (1140-1217) zurückführt. Die Mitglieder dieser frühen vorreformatorischen Bewegung leben überwiegend im Piemont, und ihr Symbol sind sieben Sterne. „Lux lucet in tenebris“ steht in Latein darüber, das Licht leuchtet in der Finsternis. Auf Kirchen und Grabsteinen findet man das Wappen. Damit beziehen sich die Gemeinden auf einen Vers aus dem letzten Buch der Bibel, der Offenbarung des Johannes. Teile davon richten sich an sieben frühchristliche Gemeinden, die in der damaligen Provinz Asia, der heutigen Türkei, lagen. In ihnen ist jedoch gesamte Christenheit angesprochen, insbesondere dort, wo sie verfolgt wird. Die Waldenser finden sich mit ihrer Geschichte und Erfahrung darin wieder.
Über Jahrhunderte waren sie der Verfolgung, Ausgrenzung oder Benachteiligung ausgesetzt. Versteckt in den Bergtälern des Piemont haben sie ihr Verständnis der Bibel von Generation zu Generation weitergegeben, auf jede Form von Reichtum verzichtet, Männern und Frauen gleiche Rechte der Verkündigung gegeben, Kinder unterrichtet, Bedürftige unterstützt. Das brachte ihnen den Vorwurf der Ketzerei ein, und Tausenden den Tod. Was sich Jahrhunderte später in den Ländern der Reformation durchgesetzt hat, konnte in den italienischen und französischen Alpen nur unter schwierigsten Bedingungen im Untergrund stattfinden, und es dauerte bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts, bis die Gemeinden anerkannt wurden und sie volle Bürgerrechte bekamen. Bis heute sind die Waldenser eine kleine Kirche, die sich ihrer Geschichte bewusst ist und als einzige sagen kann: Wir sind evangelisch schon seit über 800 Jahren.
„Das Geheimnis der sieben Sterne, die du gesehen hast in meiner rechten Hand, sind sieben Gemeinden“, schreibt Johannes. Es ist ein Trost für bedrängte Gemeinden in allen Teilen der Welt, sich in Gottes Hand zu wissen und auf seine Bewahrung zu hoffen.