Sich das Kneifen verkneifen: 7 Wochen ohne
Von Pfarrerin Ruth Stein, Koblenz
„Ey, kneifen, das tun nur Feiglinge!“ In meiner Grundschulzeit war das allgemeine Überzeugung. Wenn zwei sich ´kloppten`, wie wir das damals nannten, dann ging es um faires Kräftemessen, um eine Auseinandersetzung mit klaren Regeln, einen ehrlichen Kampf. Und beißen, Haare ziehen oder kneifen, das waren unlautere Mittel, das fanden wir feige.
Genauso, wenn auch im übertragenen Sinn, ist die diesjährige Fastenaktion der Evangelischen Kirche zu verstehen: 7 Wochen ohne kneifen. Sich drücken vor unangenehmen Aufgaben und Gesprächen, Auseinandersetzungen vermeiden und bei Konflikten kneifen, wegschauen statt hinzugehen, alles ziemlich feige. Klartext reden, für seine Überzeugung einstehen, auch unpopuläre Positionen verteidigen und sich Kritik stellen: sicher nichts für Feiglinge.
Die Grundschullehrerin damals hat uns die Augen geöffnet, dass ´kneifen` etwas mit mangelndem Selbstvertrauen zu tun hat, dass derjenige sich einen ehrlich errungenen Sieg nicht zutraut, aber auch nicht selbstbewusst verlieren kann. Heute denke ich, dass es noch viel mehr braucht, um nicht zu kneifen: Gottvertrauen. Zu seiner Meinung stehen und sich auch vor schwierigen Aufgaben nicht zu drücken im Vertrauen, dass Gott zu mir hält. 7 Wochen ohne kneifen, das ist nichts für Feiglinge!