Reformationsgedenken und Allerheiligen: ein paar Gedanken zu Friedrich dem Weisen
23. Sonntag nach Trinitatis
Von Pfarrerin Ruth Stein
Man kann vielleicht von Fügung sprechen, dass die Schlosskirche in Wittenberg, an deren Tür Martin Luther seine 95 Thesen geheftet haben soll, dort errichtet worden ist, wo zuvor die Kapelle Aller Heiligen des gleichnamigen Stiftes stand. Ganz sicher kein Zufall aber ist es, dass das evangelische Reformationsgedenken, das von dort ausging, und der katholische Feiertag Allerheiligen direkt aufeinander folgen. Friedrich III., Kurfürst von Sachsen und Luthers Landesherr, kommt im Gedenken beider Feiertage eine wichtige Rolle zu, - vielleicht sogar eine verbindende!
Friedrich war ein zutiefst gläubiger Katholik, der unermüdlich und für viel Geld eine der größten Reliquiensammlung Europas zusammengetragen hatte. Zu Allerheiligen wurden diese Relikte, Überreste von Heiligen, Knochen oder auch Besitzgegenstände von Märtyrern in Wittenberg ausgestellt. Scharen von Menschen pilgerten dann in die Stadt, weil das Anschauen der Reliquien auch den Erlass kirchlicher Strafen versprach und damit eine Verkürzung der Zeit im Fegefeuer. Da passt es, dass Luther seine Kritik am Ablass einen Tag vor Allerheiligen 1517, an seine Vorgesetzten, die Bischöfe von Mainz und Brandenburg, schickte. Dass er damit auch seinen Landesvater brüskierte, den Gründer der Universität, an der er angestellt war, nahm Luther in Kauf.
Es zeugt von Friedrichs aufrechtem Katholizismus, dass er das Wirken des skrupellosen Dominikanermönches Tetzel und den ausufernden Handel mit Ablässen in seinem Fürstentum unterband, weil das auch damals gegen die kirchliche Lehre stand. Es ist aber noch mehr ein Zeichen seiner Größe und echter Frömmigkeit, dass er Luthers Kirchenkritik unterstützte, auch und wenn er sie inhaltlich nicht teilte. Als Landesherr sorgte Friedrich für den Schutz von Luthers Leben, als Universitätsgründer lag ihm an der akademischen Freiheit theologischer Auseinandersetzungen und als Katholik seiner Zeit sah er die Notwendigkeit kirchlicher Reformen.
Seinen Beinamen ´der Weise` hat er sich verdient, weil er während seiner langen Regierungszeit keinen Krieg geführt, sondern mit Geschick und Diplomatie agiert hat.
Ich denke, es ist kein so abwegiger Gedanke, Allerheiligen auch an ihn zu erinnern wie an die vielen anderen Menschen, die zwar nicht heiliggesprochen wurden, aber als Vorbilder im Glauben dienen.
Hätte es mehr weltliche und kirchliche Herren gegeben wie Friedrich den Weisen, wären der Welt die blutigen Konfessionskriege wohl erspart geblieben, möglicherweise wäre es sogar zu einer Reformation der Kirche gekommen statt zu ihrer Spaltung.