Reden - Anfangen, mit allem Risiko, das darin liegt.

Von Landespfarrer Reinhard Behnke Polizeiseelsorger der Polizeipräsidien Koblenz und Trier

Von Landespfarrer Reinhard Behnke
Polizeiseelsorger der Polizeipräsidien Koblenz und Trier

Ich sitze zusammen mit einem Menschen, der sich gerade schwer tut mit seinem Leben. Seine Frau hat ihn verlassen, "ganz ohne Ankündigung", wie er sagt. Ob er vorher nichts gemerkt habe, frage ich ihn, kleine Zeichen der Entfremdung, Momente der Gleichgültigkeit vielleicht, kleine Veränderungen im alltäglichen Miteinander. Mein Gegenüber verneint und erzählt davon, wie gut sie es beide gehabt hätten. Mein Blick schweift durch den Raum, in dem wir sitzen. Geschmackvoll eingerichtet, in Grundriss und Farbe individuell. Ich fühle mich auf Anhieb wohl hier. Spontan führt er mich durchs ganze Haus und zeigt es mir. Das alles habe er im Lauf der Jahre ganz allein zuwege gebracht. Er habe sein handwerkliches Geschick genutzt, um es sich und seiner Frau schön zu machen und das Haus, in dem er jetzt allein wohnt, zu einem Zuhause für beide werden zu lassen. Nun sei alles kaputt gegangen. Nein, sie wolle auch nicht zurückkommen. Er habe sie schon zweimal darum gebeten. Man könne doch über alles reden. "Über was würden Sie reden mit Ihrer Frau", frage ich ihn. "Ich würde ihr zeigen, wie gut ich es meine", antwortet er. "Haben Sie das nicht schon längst getan?" Während wir schweigen, wird er traurig. "Ja, manchmal redet man über das Falsche", sagt er. Und ich selbst erinnere mich an Zeiten eigener Krisen. Wieder schweigen wir. "Oft weiß man gar nicht, wie das denn geht, über das Richtige zu reden", sagt er nach einer Weile. Ich stimme ihm zu und sage: "Manchmal haben wir auch nicht den Mut, über das zu reden, was ansteht." Dann kommen wir in ein Gespräch darüber, wie man in Partnerschaften Dinge anspricht, die schwierig sind. Am Ende sind wir uns einig: Üben kann man das vorab nicht. Aber man kann sich ein Herz fassen und anfangen, mit allem Risiko, das darin liegt. Anfangen.

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