November-Hoffnung

Von Pfarrer i.R. Sven Dreiser, evangelisch, Rieden

Von Pfarrer i.R. Sven Dreiser, evangelisch, Rieden

Immer wenn ich in meine Heimatstadt fahre, besuche ich nicht nur meine beiden Lieblings-Cousinen, sondern auch den Friedhof, auf dem meine Vorfahren beerdigt sind. Ich nehme mir für den Gang zu den Gräbern Zeit, zünde eine Kerze an und erinnere mich. An Namen, an Gesichter, an Geschichten.

So stehe ich vor dem Grab meines Großvaters. Ein Soldatengrab. Opa Josef ist im August 1944 in der Normandie getötet worden. Meine Großtante Franziska hat oft von ihm erzählt. Ein sanftmütiger Mann sei er gewesen. Und ein kreativer Kopf. Als Steinmetz und Graphiker hat er viele Werkstücke geschaffen, darunter die Kreuzwegstationen auf dem örtlichen Ehrenfriedhof. Ich soll ihm sehr ähnlich sein. Und ich fühle mich mit ihm verbunden und nahe, auch wenn ich ihm in diesem Leben nicht begegnet bin. Aber die vielen Geschichten von ihm, die ich gehört habe, ließen ihn vor meinem inneren Auge lebendig werden.

Gegenüber seinem Grab befindet sich das Familiengrab meiner Großtante, die erst im letzten Jahr mit über 90 Jahren gestorben ist. Sie hatte einen wahren Schatz an Geschichten und Bildern über unsere Familie bewahrt und es war immer eine besondere Freude ihr zuzuhören. In ihren letzten Lebensmonaten hat sie ganz oft den Himmel beobachtet: die verschiedenen Wolkenformationen, die Sterne am Abend. Warmherzig und poetisch hat sie auch davon erzählt.

In der neuen Woche beginnt der November, der Erinnerungs-Monat an unsere Verstorbenen. Mit den Gedenktagen Allerheiligen, Allerseelen, Volkstrauertag und Ewigkeitssonntag. Für viele ein dunkler Monat. Für mich sind es aber Wochen mit vielen Hoffnungs-Momenten. Dankbar erinnere ich mich an meine eigenen Wurzeln. Und an die Menschen, die mich mit ihrem Glauben und Lebensmut geprägt haben. Sie liegen nicht nur in Gräbern auf dem Friedhof. Sondern auch in meinem Herzen wird es immer einen Platz für sie geben.

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