„Mensch, wo bist du?“

9. Sonntag nach Trinitatis

Von Pfarrerin Vera Rudolph
Evangelische Kirchengemeinde Koblenz-Lützel/Neuendorf.

 

Es ist manchmal anstrengend, immerzu erreichbar zu sein. Ob im Bus, bei der Arbeit, beim Waldspaziergang – überall erreichen mich Anrufe und Mitteilungen. Offenbar war das Paradies deshalb ein „Paradies“, weil es da keine Handys gab. Jedenfalls musste Gott sehr laut rufen: „Adam, wo bist du?“ Sie erinnern sich? Adam und Eva hatten unerlaubt vom Baum der Erkenntnis genascht. Nun versteckten sie sich vor Gott. „Adam, wo bist du?“ Adam ist das hebräische Wort für Mensch. Gott sucht die Menschen! Wie außergewöhnlich – sonst meinen wir, Gott suchen zu müssen und nicht zu finden. „Mensch, wo bist du? Ich suche dich!“ Warum ruft Gott, er weiß doch, wo wir sind? Ich könnte mir denken, dass Gott rufen muss, weil wir sehr mit uns und unseren Dingen beschäftigt sind. Ähnlich einem Teenager mit Kopfhörer auf den Ohren und dem Blick aufs Handy. Da muss man sich schon deutlich ins Bewusstsein bringen, das können Sie mir glauben. „Mensch, wo bist du?“ Wozu ruft Gott uns Menschen? Weil er uns und unsere Hilfe braucht. Wir sind Gottes Hände, wir sind sein Mund, wir sind seine Ohren und Augen. „Mensch,“ ruft Gott, „dein Freund braucht Hilfe!“; „Mensch, deine Nachbarin ist so allein!“; „Mensch, da könnte mal jemand ein gutes Wort gebrauchen!“; „Mensch, heb doch mal den Müll auf und wirf ihn weg!“ Gott ruft seine Menschen zu Hilfe. Adam und Eva versteckten sich, weil sie Angst vor Gott hatten. Wir brauchen uns nicht zu verstecken, denn durch Jesus ist zwischen Gott und uns alles wieder gut. Was hindert’s, auf Gottes Ruf zu hören und ihm hin und wieder nachzugeben? Ich könnte mir vorstellen, dass die Welt schöner, liebevoller und friedlicher wäre, wenn wir auf Gott hörten. Liebe Eva, lieber Adam, nutzen Sie die Sommermonate, um hin und wieder offline zu gehen – und dann erreichbar zu sein für den leisen, himmlischen Klingelton!

 

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