Mehr als gute Noten

Alfried Hopfgartner

Von Alfried Hopfgartner
Schulpfarrer des Evangelischen Kirchenkreises Koblenz

Ob Martin Luther gern zur Schule ging? Er lernte schnell, aber er hatte viele Ängste. Er hatte zum Beispiel Angst vor seinem Lehrer, weil dieser sehr streng war. Es kam des Öfteren vor, dass der Lehrer die Schüler mit einem Stock schlug. Dennoch hatte Luther eine revolutionäre Idee und setzte sie auch durch. Jeder, ob reich oder arm, ob Junge oder Mädchen soll eine Schule besuchen und Bildung erhalten.

Auch im Lutherjahr werden diese Woche unsere Kinder eingeschult oder auf weiterführende Schulen geschickt. Alles wird neu für sie. Schulweg, Fächer, Lehrer, Anforderungen und neue Klassen. Vertrautheiten und Sicherheiten, ja sogar viele Freundschaften bleiben dabei zurück. Auch für die Eltern eine Zeit der Umorientierung und Sorge. Gesellschaft und Politik verlangen von den Schulen mehr für den Beruf „nutzbares“ Wissen und entsprechende Kompetenzen. Gute Schulen haben dies im Blick! Sie achten dabei aber darauf, die Persönlichkeitsentwicklung und das soziale Lernen als hohes Gut schulischer Bildung zu bewahren. Kinder sind nun mal keine effizienten Maschinen, Bildung dient nicht nur dem Broterwerb.

Luther drückt das so aus: „Wir wollen unseren Kindern nicht allein den Bauch, sondern auch die Seele versorgen“. Deshalb gibt es an unseren Schulen den Religionsunterricht. In ihm geht es um die großen und kleinen Sorgen und Hoffnungen. Kinder lernen angstfrei auszusprechen, woran sie glauben oder woran sie nicht glauben. Sie begegnen Werten und Normen des Christentums: Du bist mehr als deine Leistung, dein Leben hat Schöneres und Größeres für dich bereit als die Erfüllung der Ansprüche unserer Leistungs- und Konsumgesellschaft. Deshalb geht es im Religionsunterricht auch darum, falschen Ansprüchen von Religion und Gesellschaft zu widersprechen und die Kinder auf ihrer Suche nach sich selbst und einem gelingenden Leben zu stärken.

Ich freue mich, dass dies an vielen Schulen geschieht. Ältere Schüler begleiten ein ganzes Jahr die Kinder. Klassenstunden und Klassenfahrten stärken die neue Gemeinschaft. Hausaufgabenhilfe wird angeboten. Schüler und Eltern werden beim Begrüßungsgottesdienst ermutigt und gesegnet. Entscheidend ist aber die Wertschätzung der Kinder durch viele engagierte Lehrer und Lehrerinnen. Das gelingt sogar im Mathematikunterricht!

Ich wünsche den Kindern Mut und Ausdauer für den Neubeginn. Den Eltern Gelassenheit und die Gewissheit, dass nicht nur eine Eins eine gute Note ist. Uns allen aber die Gewissheit, ganz im Sinne Luthers, dass wir in Gottes Augen wertvoller sind als es unsere Noten und Beurteilungen verraten. Darüber freue ich mich, gerade auch als Lehrer.

Ihr Alfried Hopfgartner, Schulpfarrer des Evangelischen Kirchenkreises Koblenz

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