Liebende gesucht

Von Pfarrer i. R. Rainer Bärwaldt Evangelischer Kirchenkreis Koblenz

Der Planet braucht keine erfolgreichen Menschen mehr. Der Planet braucht dringend Friedensstifter, Heiler, Erneuerer, Geschichtenerzähler und Liebende aller Art." Dieses Wort des Dalai Lama fand sich kürzlich auf meiner Facebook-Seite. Das gefiel mir auf den ersten Blick, und so bekam es spontan ein "Gefällt mir" und wurde von mir geteilt. Seither sinne ich darüber nach. In unserer Welt wird nichts so verehrt wie der Götze Erfolg. Die Erfolgreichen sind reich und schön, sie sind mächtig, sie werden bewundert und gerühmt. Man schaut mit Neid auf sie. Und möchte selbst erfolgreich sein. Wenn nicht im Guten, dann eben im Bösen. Hauptsache erfolgreich.

Da ist der Satz des Dalai Lama schon ein mächtiger Angriff auf Erfolgsverliebtheit und Leistungsdenken. Wenn er von unserem Planeten spricht, hat er wohl die zerstörerischen Schattenseiten der "Erfolge" im Blick: Ausbeutung von Erde und Meer, Naturzerstörung, Imperialismus und Kolonialismus, Klimakatastrophe und vieles mehr. Bis hin zur Möglichkeit, dass die Menschheit im Atomkrieg sich selbst ein Ende setzen könnte. Um so weit zu kommen, mussten viele Denker und Macher überaus erfolgreich sein. Blaise Pascal wird der Spruch zugeschrieben: "Alles Unheil dieser Welt geht davon aus, dass die Menschen nicht still in ihrer Kammer sitzen können." In der Tat: Sie können es nicht. Zurück zur Natur geht nicht. Wir sind zum Fortschritt verurteilt und zum Erfolg verdammt. Möge der in sanftere, unserem Planeten freundlichere Richtung gehen!

Man kann den vom Dalai Lama gewünschten Friedensstiftern, Heilern , Erneuerern, Geschichtenerzählern und Liebenden aller Arten ja auch nur Erfolge wünschen.

Die christliche Grunderzählung von Kreuz und Auferweckung Jesu birgt die Spannung von Scheitern und Erfolg in sich. Wer nur das arme Folteropfer am Kreuz sieht, könnte meinen, mit einem der größten Verlierer der Geschichte zu tun zu haben. Umgekehrt: Wer nur den siegreichen Auferweckten sieht, erliegt einer Theologie des Erfolges. Da hat man den leidenden Menschen, den Scheiternden, die Opfer, letztlich den Tod nicht mehr im Blick. Es gilt das Geschick des Planeten in beiden Bildern zu sehen: Kreuz und Auferweckung Jesu Christi zum Heil der Welt.

Zurück