Kleine perfekte Momente

Von Carmen Tomaszewski, Pfarrerin in der Ökumenischen TelefonSeelsorge Mittelrhein

Von Carmen Tomaszewski
Pfarrerin in der Ökumenischen TelefonSeelsorge Mittelrhein

Letztens hatte ich einen perfekten Moment. Auf dem Tacho meines Autos erschien für genau einen Kilometer die Zahl 99866. Ich hab es gesehen. Diese flüchtige Zahl, die je nach Geschwindigkeit nur ein einziges Mal für ganz kurze Zeit angezeigt wird, bevor sie für immer verschwindet, hat mich sehr gefreut. Bekloppt, ich weiß, aber so bin ich: Ich mag Spiegelzahlen.

Ich könnte die Zahl rumdrehen und sie wäre gleich. In perfekter Balance. Das gibt es auf dem Tacho selten. Und es ist unwahrscheinlich, dass ich sie genau in dem Augenblick wahrnehme, wenn sie erscheint. Denn ich bin beim Autofahren damit beschäftigt, das Auto sicher durch den Verkehr zu führen.

Manchmal erwische ich mich dabei, wie ich überlege, wann die nächste schöne Zahl auf dem Tacho erscheinen wird. Blöd ist nur: Selbst wenn ich mir vorher vornehme, sie mitzukriegen, ist das noch lange keine Garantie dafür, dass ich das tue. Denn das Leben und die vorbeiziehende Landschaft fordern ständig meine Aufmerksamkeit. Dann stelle ich später fest: Mist, du hast die schöne Zahl nicht gesehen (die 100001 hab ich so verpasst L) Umso freudiger feiere ich diese kleinen perfekten Momente.

Warum ich Ihnen das erzähle? Ich finde es ein schönes Bild dafür, wie es mir auch sonst im Leben manchmal geht. Es gibt perfekte Momente. Wo alles in Balance ist. Alles für einen Augenblick schön und richtig. Und es gibt das uns umströmende Leben, dass es ganz schön schwer macht, diese Augenblicke überhaupt mitzukriegen. Weil sie flüchtig sind. Und wir sie nur wahrnehmen können, wenn wir damit rechnen, dass es sie geben könnte. Ich glaube, Jesus konnte das: im Hier und Jetzt wach sein, präsent bleiben. Und darum Menschen begegnen und perfekte Momente erleben. Ich bin hier, sehe Dich. Alles kommt in Balance. Und dann geht das Leben weiter.

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