Klang des Lebens

Pfarrer Gerd Götz, Evangelische Kirchengemeinde Vallendar

Pfarrer Gerd Götz
Evangelische Kirchengemeinde Vallendar

Sie fängt ganz leise an. Dann füllt sie immer mehr den Raum. Erst langsam und dann immer lebendiger.

Mit ihrem ganz eigenen Charakter. Unverkennbar. Und sie weist in eine Richtung, die auch schmerzhaft ist.

So ist sie mir immer wieder begegnet, die Klarinette. Auch wenn viele beeindruckende Stücke von Mozart und anderen geschrieben wurden, ist für mich die Verbindung dieses Instruments mit einer ganz bestimmten Musik ungebrochen: Mit Klezmer, der jüdischen Volksmusik. Hier sind nachdenkliche, melancholische Momente zu hören, verbunden mit einer immer wiederkehrenden Lebendigkeit. Und das kann die Klarinette so wunderbar.

Aber heute frage ich mich, ob die Klarinette, der Klezmer verstummt. Mehr Klagelieder, oder einfache Sprach- und Musiklosigkeit liegen in der Luft. Diese Verzweiflung der letzten Wochen, den Schock, den unfassbaren Schrecken kann keine Musik der Welt nur annähernd angemessen zum Klingen bringen.

Denn ich bin selber sprach-los Mir fehlen die Worte. Mir fehlt das Begreifen. Erst langsam werden wir realisieren, was dieser reale Irrsinn bedeutet. Neben Tod, Zerstörung, Trauer, Hass und all seinen Folgen.

Mir gehen auch die Bilder aus, die beschreiben, wie es zu diesem Ausbruch kommen konnte. Bei allen Demütigungen, bei aller Gewalt die Menschen zugemutet wurden, kann ich diese Eskalation der Menschlosigkeit nicht begreifen.

Das jüdische Volk hat schon viele Jahrhunderte lang Ähnliches erleben müssen. Wenn wir die Texte der Zeugen der Vergangenheit befragen - also die Bibel -, war das aber nie das Ende.

In all der Leere, der Hilflosigkeit war und ist ein kleiner Spross zu ahnen: dass die Klarinette einst ihre Stimme wieder erhebt. Ganz leise, und dann immer kräftiger: Mit ihrem Klang des Lebens, der Lebendigkeit spürbar werden lassen kann. Und vielleicht auch die Kraft für den Frieden.

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