Kein Schuldenschnitt! – Wirklich nicht?

Burkhard Leh

Von Burkhard Leh
- Pfarrer der Evangelischen Studierendengemeinde Koblenz (ESG) -

Ich habe mich schon vor der Verkündigung des Wahlergebnisses von Griechenland geärgert. Es war doch klar, dass derjenige gewinnen wird, der den Leuten verspricht, dass es mit dem harten Sparkurs nun endlich vorbei sein müsse, dass ein Schuldenschnitt unerlässlich sei. Ich habe das in meinem eigenen Leben immer anders gehalten: Schulden habe ich ordentlich getilgt, Rate für Rate.

Wirklich? Als bibelkundiger Theologe müsste ich es besser wissen. Viele Geschichten der Bibel reden davon, wie Gott immer wieder nicht nur einen Schuldenschnitt sondern sogar einen kompletten Schuldenerlass gewährt. Ohne diese unverdiente Barmherzigkeit Gottes wären wir Menschen kaum überlebensfähig. Ich sicher auch nicht. Ich konnte bei Gott meine Schulden nicht bezahlen und ich brauchte es auch nicht. Aber merkwürdigerweise findet diese Barmherzigkeit Gottes unter uns selber viel zu oft keine Entsprechung. Jesus erzählt einmal, wie einem Schuldner eine überwältigend riesige Summe Schulden erlassen wird, und kurz darauf fordert dieser Schuldner von einem seiner Gläubiger unerbittlich die komplette Schuldentilgung. Diese Geschichte beschämt mich immer wieder; sie ist so traurig wahr.

Natürlich kann man solche theologischen Aussagen nicht einfach eins zu eins in wirtschaftspolitische Handlungsanweisungen überführen.  Aber ich werde doch etwas zurückhaltender in meiner Verärgerung über das Wahlergebnis in Griechenland. Und ich werde gemahnt, mich an den riesigen Schuldenerlass zu erinnern, der Deutschland zum Beispiel nach dem 1.Weltkrieg gewährt wurde. Ich bin mir eigentlich sicher:  Gottes Barmherzigkeit, die ich für mich selber gerne gelten lasse, will und muss irgendwie auch in die großen politischen Zusammenhänge hineinwirken.

Ihr Pfarrer Burkhard Leh
- Pfarrer der Evangelischen Studierendengemeinde Koblenz (ESG) -

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