Kain und Abel in Tora, Bibel und im Koran

Von Schulpfarrerin Ruth Stein

Solange es Menschen gibt, solange gibt es auch Konflikte und Gewalt zwischen ihnen. Daran erinnert die uralte Geschichte von dem Brudermord, die wir Christen mit der hebräischen Bibel der Juden in unser sogenanntes Altes Testament übernommen haben, - die aber genauso im Koran zu finden ist! Und besonders in dieser Woche, in der wir des Terrors von 9/11 gedacht haben und entsetzt und verunsichert sind über die islamistischen Anschläge in Solingen, München und in unserer Nähe, in Linz, da lohnt es sich zu schauen, was über Kain und Abel im heiligen Buch der Muslime steht. Es sind v.a. zwei Unterschiede zu der Geschichte, wie wir sie kennen: während Abel in Tora/Bibel überhaupt spricht, wird er im Koran mit folgenden Worten an seinen Bruder zitiert: ´Selbst wenn du deine Hand nach mir ausstreckst, um mich zu töten, ich strecke meine Hand nicht nach dir aus, um dich zu töten. Ich fürchte Gott, den Herrn aller Welt.` Mit Bezug auf den Willen seines Gottes durchbricht Abel also im Koran den Kreislauf der Gewalt, wie wir Christen das am ehesten auf die Feindesliebe Jesu beziehen würden. Noch entscheidender aber finde ich den weiteren Textverlauf von Sure 5, denn da heißt es: ´Wenn einer jemanden tötet, dann ist das, als ob er die Menschen allesamt getötet hätte. Wenn aber einer jemandem Leben schenkt, dann ist das, als ob er den Menschen allesamt Leben geschenkt hätte.` Und damit übernimmt der Koran ein Zitat aus dem Talmud, aus den Erläuterungen zur jüdischen Tora, wo steht: ´Wer eine einzige Seele zerstört, zerstört die ganze Welt. Und wer eine einzige Seele rettet, rettet die ganze Welt.` Wir sollten uns als Juden, Christen und Muslime gemeinsam gegen Terror und Gewalt stellen und können uns dabei auf unsere gemeinsame Tradition berufen!

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