Jesus als Gärtner

Ruth Stein

Von Schulpfarrerin Ruth Stein, Koblenz

Es ist jetzt die allerschönste Zeit im Garten: komme ich nach Hause, empfängt mich die Kletterrose am Balkon vorne mit feinem Limonenduft, und trete ich hinten hinaus auf die Terrasse, breitet sich ein Blütenmeer vor meinen Augen aus. Die Hortensienblüten beginnen sich zu färben und die Rosen sind in voller Pracht, Glockenblumen wiegen sich dazwischen, an der Mauer rankt Clematis und im Teich plätschert es leise. Ein bisschen wie im Paradies, das denke ich gerade jetzt oft und stehe dabei in unserem kleinen Reihenhausgarten.

Aber schließlich war das Paradies ja auch keine Landschaft, sondern ein Garten, also ein Zusammenspiel von Natur und Kultur, wo der Mensch formt und gestaltet, was Gott  wunderbar erschaffen hat. Und so legen wir Gärten an, pflanzen, hegen und pflegen sie und wissen dabei, dass wir Wachsen und Gedeihen, Blühen und Fruchtbringen Gottes Schöpfung verdanken. Im Garten kommt beides zusammen, Gottes Schöpfungskraft (creatio) und der Gestaltungswille, die Kreativität von Menschen. Auf Paradieses-Darstellungen alter Meister sieht man häufig Gott und Mensch im Garten beisammen, wie es am Anfang der Bibel erzählt wird.

Seltener und auf eine neutestamentliche Geschichte zurückgehend gibt es Darstellungen von Jesus als Gärtner in einem Garten. Im Johannes-Evangelium wird erzählt, dass Maria Magdalena das Grab Jesu leer vorfindet und sich hilfesuchend an den vermeintlichen Gärtner wendet, in dem sie erst auf den zweiten Blick den Auferstandenen erkennt. Uns als Betrachter wird es leichter gemacht, Jesus anhand von Wundmalen und Heiligenschein zu identifizieren. Genauso eindeutig aber ist Jesus auf diesen Bildern durch Sonnenhut und besonders eine Schaufel in der Hand als Gärtner erkennbar.

Für mich schreibt diese Erzählung fort, was in der Schöpfungsgeschichte  angelegt ist: Jesus gestaltet das neue Paradies, mit ihm beginnt die neue Schöpfung. Und wenn am Anfang der Bibel der Auftrag an uns Menschen lautet, die Erde zu bebauen und zu bewahren, dann fordert uns das Bild Jesu mit der Schaufel in der Hand auf, mit ihm das neue Paradies anzulegen, in seinem Sinn zu handeln, und das so konkret wie möglich.

Mir fällt dazu der Bau der neuen Synagoge in Koblenz* ein und natürlich Wohnraum für Flüchtlinge zu schaffen, - und ich würde gern hier wie dort helfen, Kletterrosen zu setzen und Hortensienbüsche zu pflanzen.

* www.neue-synagoge-koblenz.de

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