11. September - Tag der Wohnungslosen

Dr. Anja Angela Diesel

Von Pfarrerin Dr. Anja Angela Diesel
Schulreferentin des Evangelischen Kirchenkreises Koblenz

„Wohnst du noch oder lebst du schon“? Dieser bekannte Werbespruch unterscheidet zwischen einem geringer geschätzten „Wohnen“ und einem höher geschätzten „Leben“. Die Wirkung des Spruches beruht darauf, dass er einen Gegensatz unterstellt, wo die meisten von uns eine enge Zusammengehörigkeit empfinden. Wir wünschen uns für unser Leben einen Ort, an dem wir gut und sicher wohnen können, den uns niemand streitig machen kann, den wir mit Geborgenheit und Zuhause-Sein verbinden. Eine Wohnung ist ein auch rechtlich geschützter Raum. Wer die Wohnung eines anderen widerrechtlich betritt oder beschädigt, der beschädigt nicht nur ein Objekt, sondern in gewisser Weise auch die, die darin wohnen, selbst wenn sie faktisch nicht zu Schaden kommen. Opfer von Wohnungseinbrüchen wissen davon zu berichten. Die Brandanschläge auch auf noch unbewohnte Flüchtlingsunterkünfte sind deshalb nicht nur Anschläge auf die entsprechenden Objekte.

Der 11. September ist in Deutschland der Tag der Wohnungslosen, der Menschen, die ganz auf der Straße leben, der Menschen, die in Unterkünften leben, in denen sie nur auf Zeit bleiben können, wie z.B. diejenigen, die als Flüchtlinge zu uns kommen. Manche leben seit Jahren ohne Wohnung, und einigen von ihnen ist mittlerweile ein geschlossener Raum zu eng, um sich darin wohlzufühlen, andere sind akut von Wohnungslosigkeit bedroht, weil eine Zwangsversteigerung oder Zwangsräumung droht. Menschen ohne Wohnung leben auch ohne diesen Schutzraum. 

In der Bibel ist „Wohnen“ ein wichtiges Thema: Ob in Zelten, Laubhütten oder festen Behausungen, ob in der Gegenwart oder als Ausblick in eine endzeitliche Zukunft. Gott selbst „wohnt“ und er kann Wohnung nehmen bei den Menschen. Dem entspricht, dass er Menschen Wohnung gewährt. Im Johannesevangelium sagt Jesus beim Abschied zu: „In meines Vaters Hause sind viele Wohnungen“. Dass auch bei uns viele Wohnungen sind, dass Menschen Wohnung finden und nehmen können, einen Ort, den ihnen niemand streitig macht, der Raum und Schutz gewährt, das bleibt mitmenschliche Aufgabe.

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