Ich bin nicht schuld
Von Pfarrerin Ute Lohmann
Schulpfarrerin an der BBS Wirtschaft Koblenz
Ich war das nicht – so reagieren viele Menschen, wenn man sie auf etwas anspricht, das nicht in Ordnung war: Ein kleines Zwischengespräch im Unterricht – ein unachtsam weggeworfener To go Becher – eine Beleidigung im Chat – Ich war das nicht, ist nicht so schlimm, so war das nicht gemeint. Perfektionieren wir nicht die Kunst im Kleinen wie im Großen uns aus der Verantwortung zu stehlen und persönliche Fehlleistung und persönliches Versagen zu bagatellisieren oder auf andere abzuschieben? Oder aber: es wird schnell ein „sorry“ oder „Entschuldigung“ daher gesagt, in der Hoffnung, alles ist wieder in Ordnung. Dabei muss an dieser Stelle die richtige Formulierung lauten: „Ich bitte dich um Entschuldigung!“, denn nur der Geschädigte kann entscheiden, ob er die Entschuldigung annimmt und damit eine Ordnung wiederhergestellt ist.
Schon die ersten Erzählungen der Bibel berichten davon, dass die unschuldige Zeit des Paradieses vorbei ist. Eva und Adam, Kain und Abel, Jakob und Esau wollten nicht so einfach die Verantwortung für ihre Taten übernehmen. „Ich war es nicht, sondern …“ „Bin ich meines Bruders Hüter?“ Das Fell macht mich zu meinem Bruder Esau, der Vater wird es nicht merken. Das einmalige Versagen aus welchem Grund auch immer wäre noch keine Tragödie gewesen, weil ein Versagen aber ein weiteres Versagen nach sich zieht, wird es zu einer Tragödie. Aus Taten Einzelner sind Taten vieler geworden, die ursprünglich gute Ordnung ist zerfallen. In einem Geflecht aus Lüge, Verschweigen, Unrecht und Schuld verstrickt, kommen wir selbst nicht mehr unschuldig heraus. Solche Geflechte führen zu Verletzungen, Provokationen, Streitigkeiten und im schlimmsten Fall zu Krieg, der viel zu viele Opfer fordert. Daher werden solche Gedenktage wie am Sonntag nicht überflüssig.
„Ich bitte dich um Entschuldigung“ – ein erster Schritt auf dem Weg, die Verantwortung zu übernehmen und so die gute Ordnung wieder zu bessern. Dazu zu stehen, dass man den Becher weggeworfen hat, den Unterricht gestört und im Chat beleidigt hat. Gott ist mit Jesus diesen Schritt auf uns zu gegangen und hat sein Verhältnis zu uns Menschen wieder in Ordnung gebracht. Jetzt sind wir an der Reihe, jetzt bitten wir um Entschuldigung.