Hoffnung aus dem Kleiderschrank

Von Pfarrerin Nannette Fengler
Ev. Seelsorge JVA Koblenz/Klinik Nette-Gut

Beim Aufräumen des Kleiderschranks fand ich in der hintersten Ecke ein T-Shirt mit der Aufschrift „Tell Kabri Excavations 1986-1993“. Ich erinnere mich. 1993 wohnte ich in Heidelberg und habe Theologie und klassische Archäologie studiert. Im Sommer 1993 habe ich an der  Ausgrabung in Tell Kabri in Nordisrael teilgenommen. An der Grabung waren Israelis, Palästinenser und Studentengruppen aus verschiedenen Ländern beteiligt. Es war eine relativ ruhige Phase in Israel. Auch Europa war damals nicht ungefährlich: In Nordspanien  und London explodierten Bomben der ETA und der IRA.  Für uns war damals egal, ob jemand Israeli oder Palästinenser oder Deutscher, Amerikaner oder Schwede war; wir sind dort allen Menschen mit Respekt begegnet und freuten uns über vielfältige Begegnungen. Dieser Respekt ist leider in den letzten Jahren vielerorts verloren gegangen. Menschen werden weltweit  in Schubladen eingeordnet. In den vergangenen 2 Jahren des Gazakrieges war dies nicht anders. Die Terrorgruppe Hamas tötete wahllos Menschen in Israel oder nahm sie als Geiseln. Das waren aber nicht “Die Palästinenser”. Die israelische Armee bombadierte  2 Jahre den Gazastreifen und blockierte die Versorgung der palästinensischen Einwohner bis zum Völkermord. Aber das waren nicht “Die Juden” oder “Die Israelis”, sondern die israelische Regierung unter dem Ministerpräsidenten Netanyahu. Für mich ist das unvoreingenommene Ansehen von jedem Menschen ein wesentlicher Bestandteil des christlichen Handelns. Jesus begegnete Menschen ungeachtet ihrer Herkunft und ihrer Zugehörigkeit, wie der Frau aus Samarien am Brunnen und letztlich auch der syrophönizischen Frau. Ich hoffe, dass wir diese Art der unvoreingenommenen Begegnung hier bei uns wieder öfter erleben können, und dass solche Art der Begegnung eines Tages auch in Israel wieder möglich ist.

Zurück