Grenzerfahrungen...

Von Synodalassessorin Pfarrerin Birgit Becker
evangelische Kirchengemeinde Koblenz-Mitte

Am Sonntag beginnt die Ökumenische Friedensdekade 2015. Sie steht in diesem Jahr unter dem Thema „Grenzerfahrung“. Unzählige Menschen sind derzeit auf der Flucht vor Krieg, Terror oder fehlenden Lebensperspektiven in ihren Heimatländern. Unter oft furchtbaren Umständen versuchen sie, die Grenzen zu überwinden, mit denen sich Europa umgibt und müssen erleben, dass im freien Europa derzeit Grenzen wieder neu definiert und gezogen werden.

Wenn es ihnen gelungen ist, diese Grenzen zu überwinden, stoßen sie auf neue: die Begegnung mit einer fremden Kultur und Sprache, mit Bürokratie, Gesetzen, und auch mit enttäuschten Vorstellungen vom Leben in Deutschland ist oft schwierig... .

Aber auch wir stoßen angesichts der aktuellen Flüchtlingsströme an Grenzen: vor allem Ehrenamtliche spüren derzeit die Grenzen ihrer Belastbarkeit, in der Politik wird der Ruf nach einer Begrenzung des Flüchtlingsstroms und Sicherung der Grenzen laut. Gott sei Dank gibt es bei uns noch immer eine ausgeprägte Willkommenskultur. Aber es macht doch nachdenklich, wenn mit statistischen Angaben zum Nutzen von Zuwanderung für unsere Sozialkassen um Mithilfe bei der Aufnahme, Unterbringung und Integration von Flüchtlingen geworben werden muss. Erschreckend sind die zunehmenden Gewalttaten und Pöbeleien gegen Ausländerinnen und Ausländer und teilweise auch gegen die, die sie willkommen heißen, die dann verharmlosend als „Grenzüberschreitungen“ bezeichnet werden.

Und genauso gibt es positive Grenzüberschreitungen: wenn wir entdecken wie Menschen aus anderen Kulturen und Religionen unseren Horizont erweitern und so vor Eingrenzung und Engstirnigkeit bewahren. Auch dafür will die Ökumenische Friedensdekade die Augen öffnen und zum Überdenken eigener Grenzen ermutigen.

Denn Jesus Christus hat die liebevolle Zuwendung Gottes über menschliche Grenzen hinweg gelebt und gelehrt und lädt auch uns dazu ein, ihm darin nachzufolgen.

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