Geheimnis des Glaubens

Von Pfarrer i. R. Sven Dreiser

2023 bekommt er den Literaturnobelpreis und gehört damit zu den wichtigen europäischen Schriftstellern der Gegenwart. Ich bin ein begeisterter Leser der Bücher von Jon Fosse, geboren 1959 in einer kleinen norwegischen Stadt. Aber nicht nur seine Bücher sind bemerkenswert, sondern auch sein Leben.

Seine religiöse Heimat wird nach einigen Umwegen die katholische Kirche. Hier findet er das, was ihm bei den anderen fehlte und was er „Geheimnis des Glaubens“ nennt. Die feierlichen Gottesdienste sprechen ihn mehr an als die wortreichen Predigten evangelischer Pastoren. Ich fühle mich ertappt und will dann doch mehr erfahren von diesem Grenzgänger zwischen Literatur und Religion.

Für Jon Fosse spielt das Unsagbare in seinen Büchern eine große Rolle. Auch über Gott könne man nicht sprechen, weil er im Verborgenen bleibt. Gott als Geheimnis. Das „Geheimnis des Glaubens“. Aber als Schriftsteller möchte er dem Unsagbaren eine Stimme geben. Das Staunen über Gott wird für ihn Motivation zu schreiben.

Er erzählt in seinen zahlreichen Werken vom Alltag der Menschen, ihren Fragen und Zweifel in diesem Leben. Und darin verwoben sind vielfältige Gottes-Erfahrungen. Manchmal auch die Erfahrung von Nacht und Dunkelheit. Wobei Gott erstmal auf der anderen Seite des Lebens bleibt. Ihm kann der Mensch sich nur mit einem kindlichen Staunen nähern.

Diese Glaubenserfahrung hat wenig mit Vorschriften, Verboten und Bekenntnissen zu tun. Das löst kein Staunen aus.

Wie recht Jon Fosse hat. Auch ich wünsche mir mehr Staunen und „Geheimnis des Glaubens“ in unseren Kirchen. Mehr Glauben in meinen Worten und Gebeten. Mehr Glauben in den Begegnungen mit anderen Menschen. Staunend möchte ich mich dem „Geheimnis des Lebens“ nähern und mich Gott anvertrauen. Immer wieder.

Zurück