Fülle leeren – Leere füllen

Von Pfarrerin Margit Büttner Evangelisches Erwachsenenbildungswerk Rheinland-Süd e.V., Außenstelle Koblenz

Von Pfarrerin Margit Büttner
Evangelisches Erwachsenenbildungswerk Rheinland-Süd e.V., Außenstelle Koblenz

In unserer Nachbarstadt Neuwied ereignet sich gerade Außergewöhnliches. Schauplatz ist die große katholische Stadtkirche St. Matthias. Das gesamte Mobiliar wurde entfernt, Bänke, Bilder, Figuren, Kerzenleuchter und so weiter. Aber die Kirche ist nicht leer. Im Gegenteil: den ganzen Tag über kommen Menschen, um diesen so veränderten Raum zu erleben, sich darin zu bewegen und zu begegnen. Musik und Kunst finden statt, mittags wird zusammen gegessen. Spirituelle Impulse begleiten die Besucher in den vier Wochen der herbeigeführten Leere.

Doch was ist schon Leere, was ist Fülle? Überlegen Sie einmal, was brauchen Sie, um sich „erfüllt“ zu fühlen? Ein vollgestellter Raum kann der Erfahrung von Fülle entgegenstehen. Das gilt für das eigene Zuhause ebenso wie für ein vollgestopftes Büro oder eben eine Kirche.

Innere Leere empfinden viele, denen es äußerlich im Leben an nichts fehlt. „Ich habe alles, aber ich fühle nichts“, sagt jemand.

Manche denken bei „Leere“ an Mangel, Hunger oder Einsamkeit. Andere verbinden damit eher positive Erfahrungen des Loslassens. Nur wer leere Hände hat, kann sich beschenken lassen.

In Neuwied gibt es auch Menschen, die große Schwierigkeiten mit dem leeren Raum haben. „Das war immer meine Kirche, und jetzt ist sie es nicht mehr. Die Leere ist schrecklich“, sagte mir eine ältere Dame. Es tröstet sie nicht, dass es nur für kurze Zeit so ist.

Andere empfinden, dass die Kirche jetzt erst zu ihrer eigenen wird, weil sie sich darin frei bewegen können, ohne Festlegung auf eine Blickrichtung und bestimmte Sitzhaltung. „Hier ist Freiheit, hier ist Inspiration“, sagt jemand, der jetzt fast täglich kommt.

Noch bis zum 28. September steht die Kirche von morgens bis abends offen. Gehen Sie hin, einfach nur zum Gucken oder um einmal darüber nachzudenken, wie das im eigenen Leben ist mit dem Mangel und dem Überfluss, mit Leere und Fülle…

Die leere Kirche St. Matthias. Foto: Erhard Waßmuth.

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