Feindesliebe?

Von Pfarrerin Anne Peters-Rahn
Evangelische Kirchengemeinde Koblenz-Mitte

„Liebt eure Feinde!“ So heißt es in einem Vers im Neuen Testament, der Christinnen und Christen durch den Monat Juli begleitet. Ziemlich aktuell. Und ganz schön vertrackt: Liebt eure FEINDE. Was für eine Aufforderung! Man kann seine Eltern lieben, seine Partnerin bzw. seinen Partner und natürlich die eigenen Kinder. Vielleicht schafft man es auch, die Kinder des Partners zu lieben. Aber dann... Schon in der Beziehung zu guten Freunden sprechen wir kaum von Liebe; eher von Sympathie, davon, sie zu mögen. Noch viel weniger käme es uns wohl in den Sinn, unser Verhältnis Fremden gegenüber mit Liebe zu umschreiben. Und gar einen Feind lieben zu wollen oder zu sollen – ist das nicht absurd? Im Matthäus-Evangelium steht aber genau das: Liebt eure Feinde. Jesus sagt das zu seinen Anhängern. Wie soll das gehen?! Wir alle haben wohl schon erlebt, dass Lieben nicht immer mit Harmonie und Einverständnis einhergeht. Wir haben lernen müssen, dass es Teil der Liebe sein kann, miteinander zu streiten und sich voneinander abzugrenzen. Wichtig ist, trotzdem in Beziehung zueinander zu bleiben, auch wenn der erste Impuls ist, einen Schlussstrich zu ziehen. Jesu Satz: „Liebt eure Feinde!“ appelliert an uns, den Kontakt nicht aufzugeben, zur Not weiter miteinander zu streiten und zu ringen und weiter nach einem gemeinsamen Weg zu suchen. Dieser Mühe unterziehen wir uns am ehesten, wenn wir noch Erwartungen an unser Gegenüber und das Miteinander haben. Die Bibel spricht in diesem Zusammenhang von Glaube und Hoffnung. Solange wir die haben, kann es gelingen, an der Liebe festzuhalten – oder wieder zur Liebe zurückzufinden, auch Feinden gegenüber.

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