Fasten: ab-nehmen und -geben

Von Pfarrerin Ruth Stein, Koblenz

Von Pfarrerin Ruth Stein, Koblenz

Wer im Internet nach Fastenseminaren sucht, der landet beileibe nicht nur auf kirchlichen Seiten oder Informationen von Religionsgemeinschaften. Schließlich ist Fasten auch eine Methode, überflüssige Pfunde loszuwerden und abzunehmen. Aber wer fastet, tut das meist nicht nur der Figur zuliebe, sondern um noch mehr Ballast abzuwerfen. Fasten soll der Gesundheit insgesamt dienen, den Körper entschlacken und den Geist klären, Stress reduzieren und den Alltag entschleunigen. Ob es bei solchen Fastenkuren nur ums Abnehmen oder auch um das innere Gleichgewicht geht, im Mittelpunkt steht, was der einzelne dabei für sich mitnehmen kann.

Das passt zu dem, was eine aktuelle Studie herausgefunden hat: Fasten liegt voll im Trend, hat sich aber gleichzeitig immer weiter von seinem religiösen Ursprung entfernt.

Überraschend und geradezu widersprüchlich dazu erscheint ein weiteres Ergebnis der Studie, nämlich dass die meisten sich trotzdem bei ihren Fastenzeiten am Kirchenjahr orientieren.

Die Macher der Studie erklären das mit der Tendenz von Menschen, sich gern einem vorgegebenen Deutungsrahmen einzuordnen, aber ich sehe da auch eine große Chance für die Religionsgemeinschaften und besonders in diesem Jahr. Seit vergangenen Sonntag der Ramadan begonnen hat, befinden sich nämlich Muslime und Christen für zwei Wochen gemeinsam in der Fastenzeit. Und beide Religionen deuten das Fasten in erster Linie als einen Weg zu Gott, es handelt sich also weniger um Selbstfindung als darum, Gott zu finden. Nach dem religiösen Verständnis des Fastens geht es auch nicht darum ´abzunehmen` und überhaupt weniger darum ´zu nehmen`. Fasten ist ein ´Geben` in Richtung Gottes und der Mitmenschen und besonders im Islam wird betont, dass das ´Abgeben`, also Spenden geben und Bedürftige unterstützen, zum Fasten dazugehört.

Wenn in der Öffentlichkeit, in Zeitungen und Talkshows jetzt darüber spekuliert wird, wieweit die Solidarität der Deutschen mit den Ukrainern reicht, wenn das Benzin noch teurer und Mehl knapp wird, dann wünsche ich mir ein gemeinsames Wort der Religionsgemeinschaften, dass Fasten einen freiwilligen Verzicht bedeutet, um unseren Mitmenschen gut und Gott nah zu sein.

Zurück