Für drei Seelen sorgen

Von Pastorin Katrin Püschel, Öffentlichkeitsreferentin des Ev. Kirchenkreises Koblenz

Von Pastorin Katrin Püschel
Öffentlichkeitsreferentin des Evangelischen Kirchenkreises Koblenz

Samstagnachmittag in Berlin, Prenzlauer Berg. Die beiden kleinen Tische im Straßencafé sind mit je einer Dame belegt. Beide stimmen zu, dass ich mich zu ihnen setze. Ich wähle die linke Seite. Uns verbindet die Vorliebe für die benachbarte Bäckerei und Konditorei. Ursprünglich stamme sie aus Thüringen, aus Badklosterlausnitz. Das habe ich vor der Wiedervereinigung selbst mal kennengelernt. Sie erzählt von ihrer Scheidung vor „30 bis 40 Jahren“. Gelernt hat sie Technisches Zeichnen, dann aber nach der Wende kein Bein mehr auf die Erde gebracht wie so viele andere aus den Neuen Bundesländern, deren Berufsbiografie plötzlich keine Zukunft mehr hatte. Heute, mit 75, lebt sie von einer kleinen Rente und verteilt Werbeblättchen, um ihr monatliches Einkommen ein bisschen aufzubessern. Zuhause ist sie in Berlin-Marzahn, in einem der großen Plattenbauten. Nachbarschaftliches Miteinander erlebt sie dort eigentlich nur bei Menschen aus „arabischen Ländern“. Ihre große Dankbarkeit für deren hilfreiche Gesten sprudelt nur so heraus. Beide sind wir uns einig, dass wir kein Verständnis für Fremdenfeindlichkeit haben. Als Kinder hat man uns so geprägt.

„Kinder“ ist ihr Stichwort, um über Kirche zu sprechen. Ihre Geschwister seien alle getauft worden, sie als Kriegskind nicht. Trotzdem habe sie gerne fast jeden Sonntag Gottesdienste besucht. Bis zu diesem Zeitpunkt konnte sie nicht ahnen, dass gegenüber bei milden Temperaturen im Schatten ausgerechnet eine Pastorin sitzt. Den Kontakt zu mir möchte sie halten. Sie bietet mir das Du an und sagt: „Ich bin Sofia“. „Katrin“, erwidere ich und gebe ihr meine Visitenkarte.

Die Dame am Nachbartisch bricht auf und möchte unseren Kaffee bezahlen.

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