Es glüht und glänzt noch nicht alles

Von Pfarrer i. R. Rainer Bärwaldt

Wenn ich in dieser Zeit durch die hell erleuchteten Straßen gehe, meine ich manchmal: Diese Lichterpracht ist doch gar nicht mehr zu überbieten. Das ist doch sagenhaft, welch ein Glamour um die Advents-und Weihnachtszeit gemacht wird. Welche Energien-nicht nur an elektrischem Strom- werden hier aufgewendet. Woher kommt denn die innere Strahlkraft dieses Festes, die den äußeren Glanz erst hervorbringt?

Darüber haben natürlich schon viele nachgedacht. Und sind zu dem Schluss gekommen: Wir möchten uns nicht mit der Misere einer unheilen, zerstrittenen, grausamen Welt abgeben. Wir möchten uns auch nicht mit den Dunkelheiten unseres persönlichen Lebens abfinden. Harmonie muss her, schöner Schein. Wenn wir auch als Erwachsene ziemlich illusionslos geworden sein mögen, so wollen wir doch wenigsten den Kindern ein Stück heiler Welt mitgeben. Und das funktioniert dann mit vielen Hilfsmitteln so gut, dass der schöne Schein von Weihnachten in die nächsten Generationen in alle Regionen der Erde weiter getragen wird. Lassen Sie es mich so hart sagen: Weihnachten ist nicht tot zu kriegen. Eine unglaubliche Erfolgsgeschichte.

So wie ein Stein ins Wasser fällt und an der Wasseroberfläche immer größere  Kreise um sich zieht können wir uns die Weihnachtstraditionen vorstellen. Historisch wissen wir nur wenig über die Geburt  und Kindheit Jesu. Keine äußerliche Pracht, kein schöner Schein. Das kommt alles erst später hinzu, um den äußerlich armen Mann aus Bethlehem als Herrscher der Welt-„sitzend zur Rechten Gottes“ zu preisen. Wie auch die Myriaden Lichter ihn als „Licht der Welt“ loben.

Ich möchte niemandem die Freude am äußerlich Schönen von Advent und Weihnachten vermiesen. Aber einladen möchte ich, die innere Erkenntnis von Weihnachten zu erkennen. Möge das Licht auch in uns aufgehen und es in uns hell werden. Mögen wir gewiss werden, dass wir nicht in Finsternis verloren gehen. Wir gehen ins Licht. Das ist ein Prozess, wie Martin Luther ihn einmal sehr stark beschrieben hat.

„Das Leben ist nicht ein Frommsein, sondern ein Frommwerden,

nicht ein Gesundsein, sondern ein Gesundwerden,

nicht ein Sein, sondern ein Werden, nicht eine Ruhe, sondern eine Übung,

Wir sind`s noch nicht, wir werden`s aber.

Es ist noch nicht getan oder geschehen, es ist aber im Gang und im Schwang .

Es ist nicht das Ende, es ist aber der Weg.

Es glüht und glänzt noch nicht alles, es reinigt sich aber alles.“

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