Erfüllte

Von Christoph Funke,
Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Koblenz-Mitte

„Minuten werden in Sekunden zu Stunden, Stunden werden zu Tagen...“, so lautet eine Zeile (übersetzt) aus einem Gospelsong von Joakim Arenius, den wir letzten Sonntag im Gospelgottesdienst gesungen haben. Zum Thema „NOW – Erfüllte Zeit“ feierte der Gospelchor Koblenz-Mitte damit zugleich sein zehnjähriges Bestehen.

Was bedeutet für uns erfüllte Zeit, welche Augenblicke und Erfahrungen fallen uns dazu ein, wo doch die Zeit gefühlt so schnell vergeht? Im Gottesdienst waren dazu im „O-Ton“ die Stimmen von Kindergartenkindern, Konfirmanden, Frauenhilfefrauen und Chormitgliedern zu hören. Erfüllte Zeit erlebe ich, „...wenn ich im Urlaub bin oder mit den Waldkindern im Wald“, sagte ein Kindergartenkind und ein Chormitglied erinnerte gerne den Nordseestrand mit allen damit verbundenen Sinneseindrücken „und dem Himmel ganz nah“. Und für eine unserer Seniorinnen ist „mit über 90 jeder Tag ein erfüllter Tag...“.

Für Christen gibt es noch eine ganz besondere „erfüllte Zeit“. Es ist der „Zenit der Zeiten“, von dem der Choral spricht, oder auch die „Mitte der Zeit“, da Gottes Liebe Mensch geworden ist, der Kairos – der richtige Augenblick – schlechthin!

Mit ihm konnte erlebt und erfahren werden, welche erfüllten Augenblicke zeigen, dass Gott die Welt liebt: Da wurden Kinder in die Mitte gestellt, da konnten Frauen den Männern auf Augenhöhe begegnen, da wurden Schuldige freigesprochen und Kranke gesund.

Erfüllte Zeit und erfüllende Erlebnisse damals wie heute – Sie als Leserinnen und Leser erinnern sich sicher auch an das, was bei Ihnen „im rechten Moment“ passiert ist - wie gerne würden wir das alles für Gottesbeweise halten, doch die rechten Augenblicke, die uns im Einklang mit dem Leben sein lassen, müssen uns reichen als Hinweise darauf, dass Gott in der Welt ist und dass er diese Welt liebt.

Viele möchten einfache Lösungen und wenn Gott keine einfachen Lösungen bietet, nehmen sie lieber Abstand oder ganz Abschied von Gott. Meiner Erfahrung nach, lohnt es sich aber, es sich mit Gott nicht zu leicht zu machen; er macht es sich ja auch nicht leicht mit uns.

Der Hauptgrund dafür, dass es nicht unkomplizierter geht, ist meines Erachtens nach der, dass es Liebe nicht ohne Verletzlichkeit gibt. Ohne verletzlich und angreifbar zu sein, wäre es keine Liebe, auch Gottes Liebe nicht. Deshalb hat er sich selbst in Christus auch verletzlich und angreifbar gemacht.

Wohin Gott uns stellt, sollen wir es zeigen, dass wir gerade auf diese Liebe bauen, weil ohne sie „alles nichts“ ist, und wir glauben, dass wir auch unsere erfüllten Zeiten dieser Liebe verdanken und deshalb immer wieder auch laut und fröhlich von ihr singen, so wie wir jetzt schon zehn Jahre im Gospelchor so richtig „im Flow“ sind und den Schwung immer über Donnerstag bis Dienstag mit durch die Woche nehmen, bis es Mittwochabend wieder die nächste Gospelchorprobe gibt. Ob sie von Anfang an dabei oder später dazu gekommen sind, alle sind dankbar für zehn Jahre erfüllte Zeit!

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