Eisbaden - Trendsport und religiöser Brauch
Von Pfarrerin Ruth Stein, Koblenz
Eisbaden liegt voll im Trend! Schon im letzten Corona-Winter, als Schwimmbäder und Fitness-Center geschlossen hatten, war zu lesen, dass mehr und mehr Menschen auch hier diesen Sport für sich entdeckt haben. Sie steigen bei Minusgraden in Flüsse, schwimmen im Winter in der Ostsee oder hacken sogar Löcher in zugefrorene Seen, um dort einzutauchen. Das ist sicher nichts für jeden, aber regelmäßige Eisbäder sollen die Immunabwehr stärken, das Atemsystem verbessern und insgesamt Körper wie Psyche guttun.
Wenn jetzt in diesen Tagen Menschen in Russland ins eiskalte Wasser tauchen, dann hat das noch einen anderen Hintergrund. Das Eisbaden ist dort ein religiöser Brauch, mit dem die orthodoxe Kirche das Epiphanias-Fest begeht. Die Ostkirchen folgen dem Julianischen Kalender, weshalb sie Epiphanias, das Fest der Erscheinung des Herrn, erst am 19. Januar feiern. Und sie erinnern dabei auch nicht an die drei Weisen aus dem Morgenland, sondern an die Taufe Jesu im Jordan, bei der seine Gottessohnschaft offenbart wird. Wenn in Russland nun Seen oder Flüsse zugefroren sind, dann wird das Eis in Form eines großen Kreuzes herausgesägt, damit die Gläubigen darin untertauchen und symbolisch von ihren Sünden gereinigt werden. Wahrscheinlich ist das Eisbaden für viele orthodoxe Christen heute auch vor allem ein Volkssport, eine Möglichkeit, Fitness und Mut zu beweisen, aber als religiöser Ritus ist es eben nicht nur eine Form körperlicher Ertüchtigung. Das Eisbad als symbolische Reinigung von Sünden, da geht es um das Verhältnis des Menschen zu Gott und zu seinen Mitmenschen. Es geht darum, sich von falschen Denkmustern und egoistischen Verhaltensweisen freizumachen, sein Denken an Gottes Willen auszurichten und sein Handeln nach Jesu Vorbild am Wohl des Nächsten. Das kostet vielleicht sogar mehr Überwindung als so ein tatsächlicher Sprung ins kalte Wasser, - ist aber auch ein toller Trend!