Ein Feiertag für die Arbeit
Von Burkhard Leh
Pfarrer der Evangelischen Studierendengemeinde Koblenz (ESG)
Ich fand das als Kind und als Jugendlicher immer merkwürdig: Der Tag der Arbeit ist ein Feiertag. Was gibt es da eigentlich zu feiern, wenn man an die Arbeit denkt? Für mich waren natürlich Ferien und Urlaub die viel wichtigeren Zeiten im Jahr. Zeiten der Arbeit waren eher ein notwendiges Übel; man muss ja das nötige Kleingeld für das Leben, für die Freizeit verdienen. Als ich dann am Ende der Ausbildungszeit nicht sofort eine Stelle fand, verschoben sich die Gewichte. Es ging nicht mehr nur um Geld, sondern auch um sehr existenzielle Fragen: Wirst Du gebraucht? Hast Du die richtigen Qualifikationen? Inzwischen bin ich froh, dass ich beides habe: Arbeit und Freizeit. Ich ahne, dass ein Leben ohne Erwerbsarbeit kein fröhliches Faulenzen ist, sondern ständiger Kampf um eine würdevolle Existenz. Und ich habe eine Vorstellung davon, dass zu viel Arbeit ungesund ist.
Die Suche nach der Work-Life-Balance beschäftigt immer mehr Menschen. Eigentlich schon seit tausenden von Jahren: Sechs Tage sollst du arbeiten, und am siebten Tag sollst du ruhen. So heißt es in den zehn Geboten, so hat es der Schöpfergott selber gemacht. Arbeiten: das soll in der Vorstellung der Bibel der Bewahrung und der Pflege unserer wunderschönen Welt dienen; die Schöpfung und auch die Menschen sollen dabei nicht ausgebeutet werden. Arbeiten trägt viel zu einem sinnerfüllten Leben bei. Aber Arbeit ist nicht alles; auch das Ruhen und die Feier sind notwendige Zeiten unserer Existenz. Es muss beides in einer guten Ausgewogenheit im Leben vorhanden sein. Mir scheint es ein guter Anfang für die Suche nach einer Work-Life-Balance für alle zu sein, wenn der Arbeit ein Feiertag gewidmet wird.