Ende der Sommerzeit

Von Pfarrerin Dr. Anja Angela Diesel
Schulreferentin des Evangelischen Kirchenkreises Koblenz

Zeit ist eine eigenartige Größe. Wir können sie messen, können sie verschwenden, investieren, uns Zeit oder auch keine nehmen, wir können den richtigen Zeitpunkt für etwas finden oder verpassen. Es gibt Zeitfresser. Wir können an der Zeit drehen, so wie an diesem Wochenende. Und doch entzieht sich die Zeit unserem Zugriff, umgekehrt hat sie uns fest im Griff. Als Kind schien die Zeit von einem Weihnachtsfest zum nächsten unüberschaubar lang. Einige Jahrzehnte später haben wir den Weihnachtsbaum gerade erst abgeschmückt, so scheint es uns, wenn wir den nächsten ins Haus tragen. Wenn wir auf etwas oder jemanden warten, können zehn Minuten unendlich lang sein. Wenn wir noch zehn Minuten haben, um dieses oder jedes zu erledigen, bevor wir aus dem Haus müssen, oder bis wir in einer Prüfung die Unterlagen abgeben müssen, verfliegen zehn Minuten, als seien sie nichts. Zeit ist eine eigenartige Größe.

„Meine Zeit steht in deinen Händen“, sagt der Beter, der in Psalm 31 seine Situation vor Gott bringt. Dass meine Zeit nicht in meinen Händen liegt, diese Erfahrung gehört zum Alltag, nicht nur, wenn die Uhren von Sommer- auf Winterzeit umgestellt werden. Meine Zeit ist dennoch nicht Spielball des Zufalls, ist nicht allein dem naturgesetzlichen Werden und Vergehen ausgesetzt. Meine Zeit ist in all ihrer scheinbaren Launenhaftigkeit in guten Händen. Wenn Gott meine Zeit in seinen Händen hält, dann mag sie schnell gehen oder scheinbar stillstehen, zurück- oder vorgestellt werden. Wenn Gott meine Zeit in seinen Händen hält, dann bin ich zuversichtlich, dass niemand sie mir stiehlt oder etwas sie frisst. Meine Zeit ist gewährt und gehalten, sie ist meine Zeit und ich darf etwas daraus machen. Zum Beispiel mir in der kommenden Woche, am 31. Oktober, Zeit nehmen, den Reformationstag 2018 zu begehen. Ist der große „runde“ 500-jährige Erinnerungstag 2017 tatsächlich schon ein Jahr her?