Deine Sprache verrät dich

Von Andreas Pohl
Evangelischer Pfarrer in der Bundespolizei

Der Mann hatte zweimal geleugnet, sogar geschworen. Und doch: seine Sprache verriet ihn als einen der Wegbegleiter, einen Gleichgesinnten. Der Satz stammt aus einer alten Geschichte, die von einem berühmten Gerichtsprozess handelt. Ein Hahn kommt auch drin vor. Seither findet man jenen Hahn oben auf der Wetterfahne vieler Kirchen. Der Hahn als Zeuge des Meineids und der Lüge, der sein Fähnlein nach dem Wind dreht. Und so entlarvt die Sprache diejenigen, die mit dem Satz, „…das wird man doch einmal sagen dürfen“, das bisher Unsagbare gesellschaftsfähig machen. Es macht sie zu Kombattanten und Weggefährten einer Ideologie, die von Hass und Intoleranz geprägt ist und schon einmal unendliches Leid über die Welt gebracht hat.

Dieser Tage eine Karnevals-„Verhandlung“ in Süddeutschland. Eine Politikerin macht Witzeleien auf Kosten von Transsexuellen, auf Kosten einer Minderheit. Ihre Sprache verrät auch sie.

Dass es anders geht, habe ich kürzlich bei der Bundespolizei erlebt. Hier stellte ein hoher Polizeibeamter seine Arbeit vor. Er sagte: „Wir sind da, um zu helfen. Wir helfen auch verletzten Geiselnehmern oder Terroristen. Das Urteil über sie überlassen wir den Gerichten.“ Seine Sprache verrät auch ihn, nein, sie kennzeichnet ihn als einen Menschen, der sich nicht zum Richter über andere erhebt, der trotz der Gewalt, die ihm der Staat als Polizeibeamten übertragen hat, in seinem Innersten ein Menschenfreund geblieben ist. Wie gut, dass längst nicht alle Menschen andere vorverurteilen. Wie gut, dass Toleranz immer noch ein hohes Gut ist für viele in unserer Gesellschaft, weil sie wissen: Das letzte Urteil über einen Menschen fällen nicht wir und auch keine Gerichte; das letzte Urteil spricht Gott.

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