Die letzte Prüfung

Von Schulpfarrer Alf Hopfgartner
Evangelischer Kirchenkreis Koblenz
Die Noten sind gemacht, nur die jetzt beginnenden mündlichen Prüfungen trennen die jungen Menschen von ihrem Abitur. In den letzten Stunden des Religionsunterrichtes geht es nun oft um Ziele und Werte die jungen Menschen helfen, für sich ein gutes und sinnvolles Leben zu finden. Seit Wochen planen und arbeiten die Abiturienten an den meisten Schulen an der Gestaltung ihres Abschiedsfestes und oft auch an einem Gottesdienst. Sie freuen sich auf ein „erwachseneres“ Leben und wissen schon längst, das Glück und Erfüllung nicht garantiert sind. Als Erstwähler haben die Probleme und Chancen von Land und Welt, von Krieg und Frieden, von Artensterben und Bewahrung der Schöpfung in ihr Leben Einzug genommen.
Welche Ziele und Werte nehme ich mit? Was möchte ich in Zukunft erreichen? Finde ich neue Weggefährten? Oder treffe ich nur Konkurrenten? Wie soll mein Leben gelingen?
Leistung und Erfolg, Fitness und Durchsetzungsvermögen, Konsum und Prestige werden ihnen dabei oft einseitig als selig machende Werte empfohlen. So sei ein großartiges Leben möglich. Zur Not auch nur in virtuellen Welten. Aus christlicher Sicht ist dies aber kein großartiges Leben. Es ist ein kleines und beengtes Leben. Denn wer sich selbst so absolut setzt hat keine Freude am Mitmenschen, keinen Platz für Gott. Diese Werte allein bringen soziale Kälte hervor, machen das Selbstwertgefühl von Äußerlichkeiten abhängig, lassen den Mitmenschen nur als Konkurrent oder als Mittel für das eigene Vorwärts-kommen erscheinen.
So klein ist diese Lebensweise, das der Frieden Gottes nicht hineinfindet. Luther spricht hier von einer Lebensweise in welcher der Mensch „in sich selbst gekrümmt“ und eingeschlossen ist. Denn gerade in der Wertschätzung anderer Menschen, im Begleiten und Aufhelfen des Nächsten, in der Wertschätzung der Schöpfung erfahren wir, dass wir tatsächlich von Bedeutung sind. Und umgekehrt ist es genauso. Wenn uns andere Menschen achten und wahrnehmen, wenn sie Wert auf uns und unsere Mitarbeit legen – dann wird unser Lebenshorizont freier und größer. Was für unser menschliches Miteinander gilt, gilt auch für Gottes Wertschätzung uns gegenüber. Wir sind ja für Gott von großer Bedeutung, wir sind ja eingeladen unser Leben um seine Anwesenheit zu bereichern. Ein Schulabschlußgottesdienst ist eine Einladung, kein kleines Leben zu leben. Es soll ein Leben sein, welches auch mit Misserfolgen und Scheitern zurecht-kommt. Ein solches Leben wird auch in Zeiten eigener Schwäche und Fehler von Gott und unseren Nächsten mitgetragen werden.
Ich wünsche unseren vielen Prüflingen für diesen Monat gute und gerechte mündliche Prüfungen und hoffentlich auch einen Schulabschluss mit Gottesdienst und einer unvergesslichen Abiturfeier. Mit anderen Worten: ich wünsche ihnen und uns allen den Segen Gottes.