Das Kreuz provoziert

Von Pfarrerin Ruth Stein, Koblenz

Von Pfarrerin Ruth Stein, Koblenz

Kein anderes christliches Symbol hat so viele Auseinandersetzungen provoziert wie das Kreuz, - und das bis in unsere Gegenwart!

Künstler haben es auf den Kopf gestellt, Frösche daran genagelt, Popikonen und Schauspielerinnen sich selbst am Kreuz inszeniert: alles das löste heftige Diskussionen aus über die Freiheit der Kunst, den Vorwurf der Blasphemie oder auch der Geschmacklosigkeit.

Und immer wieder gab es Gerichtsurteile und staatliche Erlasse, mal wurde das Anbringen von Kreuzen in öffentlichen Einrichtungen verboten und dann wieder angeordnet: als 1936 der NS- Gauleiter in Oldenburg anordnete, die Kreuze aus den Schulen zu entfernen, hat sich die Bevölkerung erfolgreich dagegen gewehrt; als im letzten Jahr Kreuze in bayerischen Behörden angebracht wurden, haben nicht zuletzt die Kirchen gegen die Vereinnahmung des Kreuzes durch die Staatsgewalt protestiert.

Das Kreuz provoziert. Es fordert mich heraus: wo es in künstlerischen Darstellungen lächerlich gemacht wird oder veralbert, zeige ich, wie ernst es mir damit ist; wo es von Institutionen oder gar staatlicher Seite vereinnahmt wird, erzähle ich, was es mir persönlich bedeutet.

In den Kirchen selbst gibt es den durchaus provokativen Brauch, das Kreuz am Karfreitag zu verhüllen. So werden wir aufgefordert nachzudenken: wen sehen wir heute dort hängen? Wer sind die Folter- und Gewaltopfer in unserer Zeit? Wo leiden Menschen unter staatlicher Willkür und wirtschaftlichem Unrecht? Wen sehen wir da am Kreuz?

Das Kreuz soll provozieren, Mitgefühl für die unschuldig Leidenden hervorrufen, Protest bewirken gegen Gewalt und Missbrauch, dass wir dagegen angehen und uns einsetzen: dazu provoziert das Kreuz!

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