"Das haben wir uns auch verdient"

Von Landespfarrer Reinhard Behnke, Polizeiseelsorger der Polizeipräsidien Koblenz und Trier, Evangelische Kirche

Von Landespfarrer Reinhard Behnke
Polizeiseelsorger der Polizeipräsidien Koblenz und Trier, Evangelische Kirche

Urlaub - die ersten sind unterwegs und nutzen die günstigen Preise in der Vorsaison. Viele sind an die Kindergarten- oder Schulferien gebunden und müssen noch warten. Bei anderen ist zur Monatsmitte bereits Ebbe im Geldbeutel, obwohl die Ausgaben schon auf Kante genäht sind. Kein Urlaub. Es gibt in unserer Gesellschaft große Unterschiede in dem, was man sich leisten kann. Daran gibt es nichts zu beschönigen. Zugleich wissen wir, dass es in der Welt immer nur relativ gerecht zugeht und selten tatsächlich gerecht. Wer die Augen offen hält, sieht das.

Die Augen geschlossen hatten offenbar Leute in meiner weiteren Nachbarschaft. Zwei Einkommen, mehrfach Urlaub im Jahr. "Über Ostern fahren wir in die Skiferien", erzählt mir die fünfjährige Tochter. "Wie schön", sage ich. "Das haben wir uns auch verdient", schiebt die Kleine nach. "Aha, und warum?" frage ich. "In den Weihnachtsferien waren wir auch Ski fahren, aber es hat überhaupt nicht geschneit. Da sind wir umsonst gefahren", sagt sie auf altkluge Weise in klagendem Ton.

Das ist natürlich nicht die Sprache der kleinen Nachbarin, sondern die der Eltern. Und es wird deutlich, wie weit entfernt diese Rede ist von der vielschichtigen Realität unserer Gesellschaft. Wohl dem, der sich eingesteht, wie privilegiert er lebt, wenn es am Geld nicht mangelt. Und wohl dem, der darum weiß, dass der fehlende Schnee im Kleinen auch mit der Kilometerfresserei zu tun hat, die wir betreiben, und im Großen mit der weltvergessenen Art, in der wir unseren Wohlstand konsumieren. Das ist gewiss unangenehm und macht gelegentlich ratlos. Aber könnte es wohl sein, dass diese anfängliche Ratlosigkeit unsere Kreativität beflügelt? Könnte es wohl sein, dass das Leben an Tiefgang gewinnt, wenn ausbleibender Schnee zu Nebensache wird?

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