Barmherzigkeit 2021

Von Pfarrerin Margit Büttner, Evangelisches Erwachsenenbildungswerk Rheinland-Süd e.V.

Von Pfarrerin Margit Büttner
Evangelisches Erwachsenenbildungswerk Rheinland-Süd e.V.

In der ganzen Welt gibt es Sprichwörter über die Barmherzigkeit. Man findet sie in einschlägigen Sammlungen und staunt, wie verschieden, ja gegensätzlich die Einstellungen gegenüber Barmherzigkeit, Milde und Großmut sein können. Mal gilt sie als Tugend, mal als Dummheit, mal als Lösung menschlicher Notlagen, mal als Ursache derselben. So sagt man in Schottland: „Wer sich von Barmherzigkeit ernährt, der hat ein kaltes Mittagessen und kein Abendbrot.“ Mit anderen Worten: verlass dich nicht auf andere, sondern sorge selbst für dich. Ein italienisches Sprichwort hingegen meint: „Liebe, Almosen, Hingabe und Geduld sind die vier Dinge, die aus einem Menschen einen Heiligen machen.“ Einen guten Rat gibt der Schweizer Pädagoge Pestalozzi, der um 1800 lebte: „Wenn wir wollen, dass es in der kleinsten Strohhütte wie in der ganzen Welt bessergehe, so müssen wir das, was wir dazu beitragen können, selbst tun.“ Ersetzt man das „wir“ durch „ich“, wird es deutlicher: wenn ich will, dass irgendwo etwas besser wird, dann muss ich das Meine dazu beitragen – und es nicht von anderen erwarten. Moralische Appelle an das „Wir“ verlagern die Verantwortung stets auf andere.

Das bekannteste Beispiel für Barmherzigkeit ist der sogenannte „barmherzige Samariter“. Nachdem er das Opfer eines Überfalls gefunden und erstversorgt hat, bringt er den Verletzten in eine Herberge, bezahlt Quartier, Essen und Pflege und sagt außerdem zu, eventuelle Mehrkosten ebenfalls zu erstatten. Diesem Samariter (aus einem Ort in Samaria, deshalb der Name) geht es nicht darum, vor irgendjemand gut dazustehen. Er zieht keinen Nutzen aus der Sache. Er übernimmt die Verantwortung solange, bis der Mann wieder für sich selbst sorgen kann. Herz, Verstand und Uneigennützigkeit zusammen machen Barmherzigkeit.

Die Geschichte stammt von Jesus. Er erzählt sie Leuten, die zu viel über Moral reden und zu wenig tun. Die Jahreslosung für 2021, die für Christinnen und Christen als Motto gewählt wurde, erinnert daran. „Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist.“ (Lukas 6,36)

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