Ausfälle

Von Pfarrerin Stefanie Martin
Julius-Wegeler-Schule, Koblenz

Eigentlich wollten heute 154 Schülerinnen und Schüler der Julius-Wegeler-Schule in Koblenz ihr Abi feiern. Mit Gottesdienst, Zeugnisübergabe, besonderen Ehrungen und viel Musik. Das fällt jetzt leider alles aus. Wie so vieles.

Es tut mir für die Abiturienten und die anderen Schülerinnen und Schüler leid, die in dieser Woche ihre Abschlussfeiern gehabt hätten, Berufsfachschüler, Sozial- und Hauswirtschaftsassistenten, Erzieher, bei denen ich mitgefeiert hätte. Aber auch für Maler, Fotografen, Friseure, Bäcker oder Verkäuferinnen, alle, deren Lossprechungsfeiern in diesem Jahr dem Coronavirus zum Opfer fallen.

Es gibt nicht so viele Anlässe, bei denen junge Menschen vor aller Augen ein gutes Wort über sich gesagt bekommen, wo sie im Mittelpunkt stehen und von „der Gesellschaft“ gewürdigt werden, wo sie erleben, dass sie wichtig sind. Dabei ist soziale Anerkennung ein Grundbedürfnis wie Essen und Trinken; ohne sie kann kein Mensch leben. Und so ist die Sehnsucht danach, wahrgenommen und wertgeschätzt zu werden, ja auch immens.

Sonst würden nicht so viele alles Mögliche und Unmögliche, auch Fragwürdiges, in sozialen Netzwerken posten, um Aufmerksamkeit und Anerkennung zu bekommen. „Auch Aggression kann ein Versuch sein, die Zustimmung zu erzwingen, die man glaubt zu verdienen. Diese unbewussten Mechanismen treiben Menschen zu den unterschiedlichsten Taten, der tiefe Sinn dahinter ist aber immer derselbe: Wir wollen als Person wahrgenommen und bestätigt werden. Und trotzdem geizen viele damit.“ So stand es letztes Jahr in der „Zeit“.

Nicht mit Zuwendung und Wertschätzung gegeizt hat der biblischen Überlieferung nach Jesus, wenn er anderen Menschen begegnete. Nicht zuletzt deswegen ist er, der Menschenfreund, für ein knappes Viertel der Deutschen auch heute noch ein Vorbild.

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