Aufatmen
Von Anne Peters-Rahn
Evangelische Militärdekanin am Zentrum Innere Führung Koblenz
Endlich Wochenende! Ich bin müde. Mit Rückblick auf die vergangenen Tage stelle ich zufrieden fest: Ich habe viel geschafft! Das fühlt sich gut an und wäre doch ein guter Grund, mich zu belohnen. Wer sonst sollte es auch tun? Ich bin schon eine ganze Weile groß und für mich selbst verantwortlich. Wie wär’s also mit einem kleinen Einkaufsbummel? Oder einem schönen Essen mit Mann oder Freundin? Ich finde, das habe ich mir verdient…! - Eine sich zuverlässig immer wieder einstellende Gedankenfolge. In der Tat, die Frage stellt sich: Was verdiene ich, was bin ich (mir) wert, worauf an materiellen Gütern, an Zeit, an Liebe, an Zuwendung habe ich Anspruch? Und: WARUM hätte ich einen Anspruch darauf? Weil ich so fleißig war? Weil ich so gut funktioniert habe? Oder einfach weil ich meine Arbeit gemacht habe? Schließlich: Warum sollte gerade ICH einen Anspruch auf Belohnung haben? Vielen anderen stünde ein gutes Leben ebenso zu. Ich war in meinem Leben oft behütet und bewahrt. Wären nun nicht mal andere dran? Es ist doch schon Lohn, nein: es ist Geschenk, was mir alles möglich war. - Ich vermute, Sie kennen diesen Wunsch nach Belohnung, danach, es sich gut gehen zu lassen, das Sich-Vergleichen mit anderen oder auch das Gefühl „das Leben ist nicht fair!“, wie Herbert Grönemeyer es singt. Gut, dass wir in diesen Vorstellungen nicht gefangen bleiben, keine Endlosschleifen drehen müssen. Gut, dass unser menschlich-allzu-menschliches Prinzip von Leistung und Belohnung von Gott durchkreuzt wird. Gut, dass es den Sonntag gibt, als Tag der Ruhe und Einkehr, zumindest als Platzhalter dafür. Und was spräche dagegen, außer ins Gotteshaus auch in ein Gasthaus einzukehren oder umgekehrt – und es sich dort gut gehen zu lassen.