Auf die Höfe, in die Dörfer…

Von Pfarrerin Margit Büttner
Evangelisches Erwachsenenbildungswerk Rheinland-Süd, Außenstelle Koblenz

Am Wochenende war ich im Westerwald unterwegs. Was für eine wunderbare Landschaft! Hügel, Wald und Felder soweit das Auge reicht. Am blauen Himmel ein paar freundliche Wölkchen, eine Bilderbuchidylle. Hier und da ein kleiner Ort, Namen, die keiner kennt und die in keinem Reiseführer stehen.

Wie mag es sein, dort zu leben? Im Sommer – herrlich. Aber im Winter? Und überhaupt, die weiten Wege zum Einkaufen, zur Arbeit, zur Schule, zum Arzt. Wer auf dem Land wohnt, gewichtet die Vor- und Nachteile vielleicht anders als jemand, der nur mal kurz vorbeischaut.

Eine der uralten romanischen Kirchen im Westerwald war mein Ziel. Sie steht auf einer kleinen Anhöhe – wenn die großen Bäume nicht wären, könnte man sie von allen Seiten sehen. Das Dorf drum herum ist weitläufig, große, gepflegte Grundstücke, wenig alter Ortskern. Für wen mag diese Kirche einmal gebaut worden sein, vor über 800 Jahren? Wer hat dort gebetet? Worum gebeten, wofür gedankt? Wieviel Mühen nahmen die Menschen auf sich, um aus den verstreut liegenden Weilern und Höfen zur sonntäglichen Messe, nach der Reformation zum evangelischen Gottesdienst, zu kommen? Zu Fuß, per Pferd oder Wagen, bei Hitze, Sturm und Schnee. Jeden Sonntag weite Wege hin und zurück.

Vielleicht, so kam mir der Gedanke, hat die Kirche auch deshalb einmal im Jahr zur Fronleichnamsprozession gerufen. Das ganze Jahr gingen die Menschen zur Kirche, um in der Kommunion den Leib Christi zu empfangen. Aber einmal sollte der Leib Christi zu ihnen kommen, in jedes Dorf, dahin, wo sie wohnten und arbeiteten, wo sie lebten und starben.

Prozessionen ziehen genau wie das Pilgern heute immer noch Menschen an. Ich bin evangelisch. Ich verstehe nichts von Prozessionen. Aber auf meiner Fahrt durch den Westerwald erschien es mir ganz einleuchtend: so muss es gewesen sein. Bevor ein Mensch zu Gott kommt, kommt Gott zu den Menschen. Das glauben alle Christen, egal welcher Konfession. In der Abendmahlshostie, die an Fronleichnam in die Dörfer getragen wird, ist für Katholiken Christus leiblich gegenwärtig, für Protestanten eher symbolisch. Mancherorts gehen deshalb heute auch Evangelische mit zur Prozession. Früher hätte ich das befremdlich gefunden. Heute denke ich, warum denn nicht?

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